Als ich sie zum ersten Mal in Griechenland in den Speisen vorfinde, frage ich mich verwundert, ob kritharaki tatsächlich Reiskörner oder reiskornähnliche Nudeln sind. Sie sehen einander zum Verwechseln ähnlich. Die Bezeichnung der vielseitig in der griechischen Küche eingesetzten Reisnudeln führt leicht zu Missverständnissen, da die kleinen Nudeln in Getreidekorn- oder in Reiskornformat nicht aus Reis, sondern aus feinem Hartweizengrieß und Wasser hergestellt werden.
Um die typische Reiskornform zu erhalten, wird der homogen geknetete Teig in Formen gepresst und getrocknet. Kritharaki werden hierzulande auch als orzo oder manestra bezeichnet, in der italienischen Küche heißen die Pasta Körner risoni oder risi. Das Wort kritharaki ist von den griechischen Begriffen für Weizen-, Gersten- oder Getreidekorn abgeleitet, wobei kritharaki das Diminutiv von krithari, Gerste, ist. Genau wie bei der Zubereitung von Reis, kocht man die Reisnudeln nicht in reichlich Wasser, sondern in einer bemessenen Menge. Meine Hausregel lautet, die Reisnudeln einfach in die Soße der jeweiligen Gerichte beizugeben und sie bis zur Garzeit darin köcheln zu lassen. In Griechenland werden viele Gerichte mit orzo angereichert, Reisnudeln dienen als Suppeneinlage und werden mit Tomatensauce vermischt als Beilage serviert. Es gibt gebackene Reisnudeln mit Lamm. Bei diesem Gericht lasse ich das Fleisch zuerst im Backofen garen, dann arrangiere ich die Reisnudeln um das Fleisch herum und gieße sie nach Gutdünken mit heißem Wasser auf. Das Ganze lasse ich wieder im Ofen schmoren bis die kritharaki gar sind. Dieses Rezept kann auch bei Rind- und Kalbfleisch sowie bei Brathähnchen angewandt werden. Auch Meeresfrüchte und Gemüse werden auf diese Weise mit Reisnudeln im Ofen gebacken. Übrigens werden diese Gerichte, bei denen man Gemüse, Meeresfrüchte oder Fleisch mit den in der Soße gegarten Reisnudeln im Backofen schmoren lässt, in der griechischen Küche als giuvetsi bezeichnet. Lammfleisch-Giuvetsi. Gemüse-Giuvetsi. Garnelen-Giouvetsi. Den frühen Morgenstunden zum Trotz läuft mir jetzt, beim bloßen Gedanken an Giouvetsi, das Wasser im Mund zusammen!
(Griechenland Zeitung / Linda Graf)