Allein in einem Wagenabteil des Vormittag-Zuges, nahm mich das Wunder des blauen Golfes derart gefangen, dass ich bald die juckenden, genierlichen Wanzenbisse verschmerzte und voller Begeisterung und Glückseligkeit schaute, schaute – bis mir unversehens die übernächtigen Augen zufielen. Ein Ruck, viel Geschrei und Lokomotiven-Gepfeife brachten mich erst wieder zu mir selber. Korinth.
Voll tiefster Ehrfurcht, gemischt mit etwas Schlaftrunkenheit, guckte ich hinaus, brachte aber dadurch vielleicht zwei Einheimische auf die Idee, in meine geräumige Klause zu dringen. Es ihnen zu verwehren, hatte ich kein Recht. So hüllte ich mich denn verdrießlich in mich selbst eine Weile, und nahm dann meine Wegzehrung in Angriff, Brot, kaltes Fleisch und Eier. Aber Tranksame war in der Eile und über der Wanzendiskussion vergessen worden. So war das Menü trocken, dazu die Hitze von außen groß, und ich kätschete ohne Begeisterung die einseitige Verpflegung. Dazu genierte es mich, wie unverhohlen meine beiden Fahrtgenossen trotz ihrer lebhaften Unterhaltung mir zusahen; so eine Unverschämtheit! Was ging das die an? Und wenn ich alte Zeitungen, Dornen und Disteln gekätschet hätte! Aber zusehends größer wurde der Durst, und scheint's „worggete“ ich derart offensichtlich an meinem Trockenfutter herum, dass schließlich einer der Kumpane ohne jede Einleitung mich auf Französisch fragte, warum ich denn nichts trinke. Die Frage verblüffte mich dermaßen, dass ich gar keinen Atem fand, mich gebührend über sie zu ärgern und ihm zu sagen, wieviel ihn das angehe. Unwillkürlich rutschte mir statt des Aufbegehrens vielmehr heraus, ich habe vergessen, Getränk mitzunehmen. Darüber fuhren wir in irgendeine kleine Station ein, die Wundernase flitzte aus dem Wagen und sprang erst im letzten Augenblick wieder auf, eine mächtige Flasche und ein Glas schwingend. Und nun erfolgte meine erste Bekanntschaft mit griechischer Gastlichkeit, die ich noch so gründlich schätzen zu lernen Gelegenheit bekommen sollte. Die zweie setzten sich mir gegenüber, schenkten ein und reichten mir, dem Stockfremden, mit Haut und Haaren Unbekannten, den ersten Becher ihres goldgelben Weines.
Auszug aus dem Buch „In Athen – endlich“