Die Hitze im Sommer zerstörte nahezu die gesamte Muschelproduktion in Nordgriechenland – einem Zentrum der Miesmuschelzucht. Das erste Mal seit Jahrzehnten näherte sich die Wassertemperatur im Thermaischen Golf der 30-Grad-Marke. Der Gemeinderat des nordgriechischen Delta fordert nun finanzielle Unterstützung von der Regierung für die Muschelzüchter.
Nordgriechenland bildet das Zentrum der griechischen Muschelproduktion. Doch 2021 ist etwa die Hälfte der jährlichen Produktion des Landes vernichtet worden. Der Grund: die hohen Wassertemperaturen im Thermaischen Golf, die sich zum ersten Mal seit Jahrzehnten der 30-Grad-Marke angenähert haben. Vor allem im Juni, wenn die Ausfuhren generell am höchsten sind, ging ein Großteil der Produktion verloren. Auch für 2022 sieht es nicht gut aus: Mindestens 90 Prozent der Muschellarven, die Basis für die Produktion für das neue Jahr, sind ebenfalls abgestorben. Viele Muschelzüchter bangen aufgrund dieser Entwicklungen und der der Einkommensausfälle nun um ihre Existenz.
Die Klimakrise ist hier
Der Rat der Gemeinde Delta im Regionalbezirk Thessaloniki wurde angesichts der ernsten Problemen kurz vor den Festtagen aktiv: Er forderte die Regierung dazu auf, die lokalen Muschelproduzenten finanziell zu unterstützen. Neben der Entschädigung für die Einkommensverluste im Jahr 2021 drängt die Kommune auch auf die Aussetzung von Schuldenzahlungen für alle betroffenen Muschelzüchter. All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass die Muschelproduktion in den nächsten zwei bis drei Jahren fortgesetzt werden kann. Κostas Gioutikas, stellvertretender Regionalleiter für Entwicklung und Umwelt in Zentralmakedonien, sieht die Zukunft nicht sehr rosig: Es bestehe die Gefahr, erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass es am Thermaischen Golf, in welchem 85 Prozent der Muschelproduktion des Landes erwirtschaftet würden, in den nächsten Jahren keine Muschelbauern mehr gebe. Der Präsident der lokalen Muschelfischer-Vereinigung „Poseidon“, Konstantinos Vervitis, führt das Problem auf den Klimawandel zurück. „So einen Schaden gab es im Golf noch nie. Die Klimakrise ist hier“, so Vervitis gegenüber der Agentur.
Attraktiv für viele Fischer
Griechenland ist neben Italien, Frankreich und Spanien einer der größten Produzenten der Mittelmeer-Miesmuschel; etwa 25.000 Tonnen wurden hier im Jahr 2020 produziert. Der Tourismuseinbruch durch die Corona-Krise führte bereits zu Einkommensverlusten in der Branche. Dazu gesellte sich nun eine Verschlechterung der Klimabedingungen: Bei zu hohen Temperaturen erleiden die Muscheln sogenannten Hitzestress, welcher das Wachstum behindert, sodass viele Muschelschalen leer bleiben. Außerdem können sich schädliche Parasiten besser und schneller vermehren. Im Thermaischen Golf werden seit Beginn der 1980er Jahre Muscheln angebaut. Da die Bedingungen dafür in der Region sehr gut waren, wurde es schnell für zahlreiche Fischer attraktiv. Begünstigt wird die Produktion dadurch, dass mehrere Flüsse, wie der Axios, der Loudias und der Gallikos, in geringen Abständen voneinander in den westlichen Golf fließen und viele Nährstoffe ins Meer spülen. Dadurch wachsen die Muscheln recht schnell und erreichen binnen neun Monaten die richtige Größe für den Verzehr. (GZmf)