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Ein griechischer Aristokrat

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Ein griechischer Aristokrat

Der griechische Wirtschaftswissenschaftler und Politiker Xenofón Zolótas (Ξενοφών Ζολώτας) hielt im Laufe seines Lebens gewiss zahlreiche wichtige Reden, die berühmtesten aber waren zwei Ansprachen in den Jahren 1957 und 1959 vor der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Weltbank.

Als Direktor der griechischen Zentralbank (Τράπεζα της Ελλάδος / „Bank von Griechenland“) führte er eindrucksvoll vor Augen, wie viele Spuren das Griechische durch zahlreiche Lehn- und Fremdwörter in anderen Sprachen hinterlassen hat. Beide Male nämlich sprach er Englisch, benutzte dabei aber so gut wie ausschließlich Wörter griechischen Ursprungs. Lediglich Artikel, Konjunktionen und Präpositionen waren davon ausgenommen. Nicht nur bei seinem Publikum sorgte er damit für gehöriges Aufsehen. Eine Kostprobe: „Meine These aber ist es, dass wir die Dynamik besitzen, ein Programm therapeutischer Praktiken als Prophylaxe gegen das Chaos und die Katastrophe zu erarbeiten.“
Der hochgebildete, 1904 geborene Zolotas entstammte einer Familie, deren prominenten Ruf sein Vater Efthimios begründet hatte. Dessen 1895 in der Odós Aiólou eröffnetes Juweliergeschäft erfreute sich bei der damaligen Oberschicht Athens rasch großer Beliebtheit, und noch heute genießt das Unternehmen mit Läden in Athen und Paris einen hervorragenden Ruf. Efthimios Zolotas selbst hätte seinen Sohn Xenofon gerne als Goldschmied gesehen, damit er dereinst seine Nachfolge im Betrieb antreten könne. Mit einem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Athen, Leipzig und Paris schlug dieser jedoch einen völlig anderen Weg ein. Er wurde zunächst Professor in Thessaloniki, dann in Athen und hatte darüber hinaus hohe Ämter in Griechenland inne – während dreier Amtsperioden leitete er beispielsweise fast 20 Jahre lang dessen Zentralbank. Tätig war er aber auch bei internationalen Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds oder den Vereinten Nationen.
Bei alldem aber verlor Zolotas den Familienbetrieb niemals aus dem Blick und trat mit seinem Vetter, dem später weltbekannten Goldschmied und Juwelier Ilias Lalaounis vorübergehend auch in dessen Leitung ein. 1989/90 stand er zudem noch im Alter von 85 Jahren als Ministerpräsident Griechenlands für einige Monate einer Interimsregierung vor. 15 Jahre später starb Zolotas im biblischen Alter von 100 Jahren.
Jens Rohmann

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