Von den Göttern wurde er mit der Erschaffung des Menschen und der Verleihung nützlicher Eigenschaften an alle Lebewesen beauftragt. Prometheus machte sich an die Arbeit, erschuf uns Menschen aus Ton, verlieh den Tieren Schnelligkeit, Stärke, schenkte ihnen Flügel, Krallen, Hufe. Als das Menschengeschlecht mit der Geschenkeverteilung an die Reihe kam, waren Prometheus die Gaben unglücklicherweise ausgegangen. Der Mensch blieb unbewaffnet, hilflos und nackt.
Er lebte in sonnenlosen Höhlen und wusste nicht, wie er sich Nahrung beschaffen, wie er Wunden versorgen und Streitigkeiten schlichten konnte. Er kannte weder Zahlen noch Sterne. Prometheus hatte großes Mitgefühl und setzte sich für das schwache Menschengeschlecht ein. Er gab dem Menschen Willensstärke, damit er sich über sein Schicksal erheben könne und damit er die göttliche Genialität zu erreichen anstrebte. Er bedachte ihn mit Hilfsmitteln, damit er sich in einer feindlichen Umgebung zu behaupten wusste. Prometheus überbrachte dem Menschen das Feuer. Auch ist er der Vermittler von Wissen und Kultur. Weil die Geschenke ihm wie erwähnt ausgegangen waren, bestahl er die Götter gar zugunsten der Menschen. Von Hephaistos raubte er das Feuer, von Athena die technischen Kenntnisse, von Zeus die politische Kunst. Dank Prometheus waren die Menschen fortan nicht nur zum Überleben imstande, dank seines Engagements wurden ihnen Kunst, Heilmittel, Politik und Wissenschaft zugänglich. Aus den Höhlen heraus kamen sie ins sonnige, dachüberdeckte Haus, sie erfanden das Metall und spannten Tiere vor den Pflug. Sie bauten Wagen, Schiffe, befuhren Land und Meere. Sie schufen die Demokratie und lernten, Krankheiten zu heilen. Da Prometheus Zeus den Menschen zuliebe die politische Kunst geraubt hatte, war dieser sehr zornig auf ihn, und ließ den Menschenfreund an einen senkrecht abfallenden Gipfel des Kaukasus ketten. Zudem fraß ein Adler Tag für Tag seine über Nacht regenerierende Leber erneut auf. Nach dreißig Jahren versöhnte sich Zeus mit dem Rebellen und nahm Prometheus im Olymp auf.
Linda Graf