Sie wussten schon, dass die Gestik viel mit den Eigenschaften eines Volks zu tun hat, und eine Geste von Land zu Land Unterschiedliches bedeuten kann. Ist es Ihnen aber einmal passiert, dass ein griechischer Freund oder eine Freundin Ihr Kindchen sanft über den Kopf streichelt? Ganz normal und in beiden Ländern üblich. Kein Grund zur Sorge. Wenn aber der- oder diejenige in der Folge mit dem Daumen und dem Zeigefinger die Backe Ihres Kindes ... zwickt?
Ohne ihm natürlich dabei weh zu tun! Sie schauen ihn/ sie verdutzt an, Ihrem Kind kommt es komisch vor, es könnte auch ein bisschen Angst bekommen, vielleicht könnten sogar ein paar kleine Tränen über das Gesicht laufen, es wendet den Kopf ab oder gibt auf seine/ ihre Hand einen Klapps, oder es läuft gleich davon. Nun reagiert er/sie ganz verdutzt. Was ist denn passiert? Das war ja nicht böse gemeint, ganz im Gegenteil. Er/sie wollte dem Kind ja nur Sympathie vermitteln: Du bist aber süß, mein Kleines! Anstatt zum Beispiel dem Kind einen Kuss zu geben, was die warmherzigen Griechen viel zu gerne getan hätten, aber es nicht mehr tun, denn auch sie wissen nun, dass aus hygienischen Gründen auch bei griechischen Kindern so etwas nicht erwünscht ist, zwicken sie es an der Backe. Die Griechen aber können nicht wissen – wie mich kürzlich ein Krimi im deutschen Fernsehen belehrte –, dass genau diese Geste in hiesigem Gefilde eher ein Zeichen der Drohung bei Groß und Klein bedeutet, zumal wenn sie sogar von einer leichten Ohrfeige begleitet wird. Ich hatte in meiner Kindheit eine sehr gute Kindergärtnerin, Frau Efterpi gehabt, selbst kinderlos, die diese Geste intensivierte, indem sie dabei den einen Finger in unseren Mund steckte, und das war richtig zum Weglaufen. Sie blieb aber ein Sonderfall! Sie wiederum, da Sie nun Bescheid wissen, brauchen Ihr Gegenüber nicht zum Teufel zu schicken, sondern sollten ihm sanft sagen: Ach, das mag Peterchen nicht so gern – ach, afto den tou aressi, oder noch besser: ach, afto den inä tou gustu tou – das ist nicht nach seinem Geschmack!
Niki Eideneier