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Zu Besuch beim Ersten Gastronomischen Festival am Olymp: Von Bergtee und anderen Köstlichkeiten Tagesthema

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Schmackhafte Komponenten eines kräftigenden Frühstücks (Fotos: © GZjw). Schmackhafte Komponenten eines kräftigenden Frühstücks (Fotos: © GZjw).

Vor wenigen Tagen fand am Fuße des Olymps das „Erste Gastronomische Festival des Berges“ statt. Organisiert worden ist es von der Stadt Katerini. Ziel der Veranstaltung war es, die kulinarischen Spezialitäten in der Region vorzustellen. Es war ein neues Puzzleteil in einem Reigen vieler Festivals in Griechenland: Der Besuch hat sich absolut gelohnt.

„Du kommst leider etwas zu spät“, begrüßt mich Vangelis in der Ortschaft Agios Dimitrios. „Unser Bus ist vor fünf Minuten abgefahren“. Vangelis Nikolaidis ist Kulturreferent der Stadt Katerini, der Kreisstadt der Präfektur Pierias, direkt am Olymp gelegen. „Ist nicht schlimm“, rufe ich Vangelis zu, steige wieder auf meine Suzuki GR 650, setze den Helm auf, starte den Motor und gebe Gas. Schon nach kurzer Zeit hole ich den Bus auf der kurvenreichen Strecke ein.

Eine Tafel mit Köstlichkeiten

Im Grunde genommen handelt es sich um eine Premiere: Der Bus und ich, mit meinem Motorrad hinterher, wir fahren zum „Ersten Gastronomischen Festival des Berges“, das die Kulturabteilung der Stadt Katerini organisiert hat. Erste Station unseres kulinarischen Ausflugs ist das Dorf Ano Milia. Auf einigen Tischen, im Schatten eines Baumes vor der Kirche Agia Paraskevi, hat der örtliche Kulturverein eine Tafel mit vielen Köstlichkeiten aufgefahren. Aber bevor wir die Leckereien zu uns nehmen, ist etwas Bewegung angesagt.

Pavlos Samaras, Vorsitzender des Kulturvereins, führt uns zum Monopati Agapis, dem „Pfad der Liebe“. Aufgrund der sommerlichen Hitze sind wir dankbar, dass sich der Weg durch den schattigen Wald windet. Obwohl Ano Milia fast 1.000 Meter hoch liegt, und es dadurch etwas kühler ist als in den niederen Regionen, komme ich ins Schwitzen. Nachdem wir einige Minuten gegangen sind, erreichen wir eine Quelle, deren Wasser aus einem Felsen entspringt.

„Die Legende besagt,“ erklärt uns Pavlos, „dass aus dieser Quelle einst eine Frau und ein Mann getrunken haben.“ Sie hätten sich daraufhin „unsterblich ineinander verliebt und blieben bis an das Ende ihrer Tage zusammen“.

Während wir weitergehen, erzählt mir Pavlos stolz von seinem Dorf und der Rolle, die es im griechischen Befreiungskampf vor 200 Jahren spielte. Jorgos gesellt sich zu uns. Er hat sechs Jahre als Lehrer in Nürnberg gearbeitet. Wir plaudern ein wenig auf Deutsch. Ich bin der einzige Ausländer, aber sofort integrieren mich die Griechen in ihre Gesellschaft – etwas, was ich in diesem Land sehr schätze und liebe.

2 Der Baum der Wünsche

Der Baum der Wünsche

Flaschenpost an einem Baum

Auf dem Rückweg biegen wir ab auf den „Dromos ton Evchon“: die Straße der Wünsche. Links und rechts des Weges stehen Bäume, die mit bemalten, hölzernen Tierbildern verziert sind. Nach einiger Zeit kommen wir zum Baum der Wünsche. An einer alten knorrigen Buche weist eine steinerne Gedenktafel die Besucher an, „sich nicht einen besseren Wanderweg zu wünschen, sondern darum zu bitten, sich selbst zu verbessern“. An den unteren Ästen des Baumes sind einige kleine Fläschchen aufgehängt. In ihnen sind, nach Art einer Flaschenpost, Zettelchen eingepfropft, auf denen Wünsche notiert wurden. Auch andere Gegenstände sind an dem Baum befestigt. Darunter Bänder und Kettchen, die von denjenigen getragen wurden, die um Beistand bitten – fast könnte man meinen, man sei in Tibet.

3 Das eiserne Kreuz und die Kirchenglocke

Das eiserne Kreuz und die Kirchenglocke

Ein Kreuz als Beschützer des Dorfes

Am Ende des Weges erwartet uns vor einer Kirche Vasilios Tsironis. Er erzählt uns, dass Ano Milia vor einigen hundert Jahren von einer Epidemie heimgesucht worden sei. Abhilfe habe der Besuch des heiligen Kosmas von Aitolien (1714-1779) gebracht, ein Mönch, der in der orthodoxen Kirche noch heute verehrt wird.

Dieser sei dreimal um das Dorf herumgelaufen, habe in die Astgabel einer jungen Kiefer ein eisernes Kreuz gesteckt. Das Kreuz ist noch immer nicht verrostet, die Kiefer soll seitdem nicht mehr gewachsen sein. „Schon mein Großvater kannte den Baum in dieser Höhe“, sagte Vasilios. Manch einer der Einheimischen betrachtet das Kreuz als einen Beschützer des Dorfes.

2002 wurde an hier eine Kirche errichtet und eine befestigte Straße gebaut. Während die Kinder die an einem Baum angekettete Kirchenglocke läuten, stärken sich die Erwachsenen mit einem Tsipouro, einem dem Grappa ähnlichen Tresterschnaps.

Zurück geht es zu unserem Ausgangspunkt, zur Vespertafel. Die Frauen des Kulturvereins haben für uns gebacken. Es gibt diverse leckere Pittes: Blätterteiggebäck mit verschiedenen Füllungen. Mein Favorit aber ist das frische Olivenbrot. Ein Genuss!

Wir bedanken uns vielmals für die Gastfreundschaft, und während die Gruppe mit dem Bus das nächste Ziel ansteuert, unterhalte ich mich noch einen Moment mit unseren Gastgebern.

4 Olympische Teezeremonie

Olympische Teezeremonie

Wie man Bergtee richtig zubereitet

Unser nächstes Ziel ist das Dorf Elatochori, was übersetzt „Tannendorf“ bedeutet. Hier wollen wir griechischen Bergtee probieren. Im Hof der Archontika Althaia begrüßt uns Anastasia und spricht über den Bergtee, auch Eisenkraut genannt. Wir erfahren, dass es diverse Arten gibt, die je nach Fundort unterschieden werden. Auf dem Olymp wächst Sideritis Scardica. Der Tee soll u. a. Alzheimer und Demenz vorbeugen und auch gegen Depressionen und Schlafstörungen helfen.

Als das Wasser im Wasserkocher brodelt, zeigt uns Anastasia, wie man den Bergtee richtig zubereitet. Blüten, Stiele und Blätter des Tees werden in eine Tasse oder eine Kanne gegeben und mit dem kochenden Wasser übergossen. Nach vier Minuten die Kräuter entfernen und den Tee genießen.

Man kann griechischen Bergtee mit anderen Teesorten oder Getränken und Zutaten kombinieren und ihn heiß oder kalt trinken. Anastasia kredenzt verschiedene Mischungen mit Sternanis, Zitrone, Likören und sogar Retsina. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, erlaubt ist, was schmeckt. Mein Favorit ist die Kombination mit Walnusslikör.

Um einiges schlauer und inspiriert verabschieden wir uns von unserer Gastgeberin und fahren zurück nach Agios Dimitrios. (Bergtee vom Olymp wird übrigens auch im Online-Shop der Griechenland Zeitung angeboten: www.griechenland.net; Anm. d. Red.)

5 Honigstand mit Bienenkorb

„Meli Mouson“ – „Honig der Musen“: Honigstand mit Bienenkorb

Reisen mit den Bienen durchs Land

Auf dem zentralen Platz des Ortes, der Platia, sind kleine Zelte aufgebaut. Verschiedene Produzenten bieten hier ihre Waren an. An einem Honigstand werde ich zum Probieren eingeladen. Auf meine Frage hin wie es möglich sei, dass er Honig mit mehreren Geschmacksrichtungen anbieten könne, erfahre ich von dem Imker, dass er mit seinen Bienenstöcken in verschiedene Gebiete des Landes reist. Dort finden die Tiere jeweils eine andere Flora vor und entsprechend unterschiedlich ist der Geschmack des Honigs.

An den zahlreichen Weinständen schleiche ich mich geflissentlich vorbei, Wein und Motorrad fahren vertragen sich nicht ... Schließlich zieht noch eine Auswahl von farbigen Bandnudeln meine Aufmerksamkeit auf sich. Zwei nette Frauen erklären mir, dass dem Mehl Pflanzen beigemengt werden. Besonders interessant finde ich dunkelgrüne und knallrote Nudeln und erfahre, dass ihnen Brennnesseln bzw. Saft der Roten Bete diese Farben verleihen.

Schließlich treffe ich Vangelis, den Kulturchef von Katerini, wieder, und wir unterhalten uns über die Veranstaltung. Als ich mich verabschieden will, bittet er mich noch einen Moment zu bleiben, auf der Platia wird noch ein traditionelles griechisches Gericht zubereitet. Ich gehe zu Köchin Chrisoula und schaue ihr zu, wie sie Hackfleischbällchen brät. Als ich sie bitte, mir ihr Rezept zu verraten, lächelt sie und sprudelt los: „Hackfleisch halb und halb, Petersilie, Zwiebel, Minze, Ei, Brötchen, Öl, Salz und Pfeffer.“ Dazu wird eine weiße Soße aus Wasser, Mehl, Essig, Öl und Salz gereicht. Natürlich muss ich davon probieren, es schmeckt lecker, auch ohne ein Glas Wein dazu.

Am Ende dieses ereignisreichen Tages schwinge ich mich wieder auf meine Suzuki. Alle sind satt geworden, jeder hat etwas Neues erfahren. Und schon im Oktober lädt die Stadt Katerini zum Zweiten Gastronomischen Festival am Olymp ein. Ich nehme mir noch auf der Rückfahrt vor: Ich werde wieder mit dabei sein!

 (Text und Fotos: Jürgen Weidner)

Diese Reportage erschien in der Griechenland Zeitung Nr. 831 am 6. Juli 2022.

 

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