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Eine grüne Perle im Saronischen Golf

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Foto (© Griechenland Zeitung / jr): Der Hafenort Poros vom Wasser aus. Foto (© Griechenland Zeitung / jr): Der Hafenort Poros vom Wasser aus.

Poros liegt nur einen Steinwurf von Athen entfernt und vereint darüber hinaus noch viele weitere Vorzüge: geschäftiges Treiben im Hauptort, ruhige Strände, kulturelle Stätten und landschaftliche Schönheit. Nicht zuletzt hatte Poros eine Rolle in der Antike und spielte auch einen kleinen Part beim Aufstand von 1821 gegen die Osmanen.

Sanft schiebt die Insel Poros sich vor der Nordostküste der Peloponnes bis dicht an die Argolis heran. Vom gegenüberliegenden Ufer bei Galatas scheint sie zum Greifen nahe, und tatsächlich ist die Meerenge, die sie dort vom Festland trennt, an ihrer schmalsten Stelle gerade einmal wenig mehr als 250 Meter breit. Schon aus der Ferne ist der Anblick, den das Eiland mit seinem ausgedehnten, malerischen Hafenort und den dahinter aufragenden, dicht bewaldeten Höhen bietet, geradezu überwältigend und weckt bei den ankommenden Besuchern hohe Erwartungen. Diese werden dann auch keineswegs enttäuscht, und so gilt Poros mit vollem Recht als eine der großen Attraktionen im Saronischen Golf. Vor den einschneidenden Folgen der Corona-Krise schützt dieser Ruf die Insel, die vornehmlich vom Tourismus lebt, im Moment freilich nicht.

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Sympathischer Inselort

Zu normalen Zeiten bietet die enge Durchfahrt (gr.: πόρος / póros, daher auch der Name der Insel), die zwischen ihr und der peloponnesischen Küste in eine einzigartige Landschaft eingebettet ist, nicht selten bis spät in den Abend hinein ein betriebsames, dabei aber immer auch beschauliches Bild. Kleine Boote für den Personenverkehr pendeln regelmäßig zwischen Galatas und Poros hin und her, Fahrzeuge werden von einer Autofähre transportiert. Schmucke Jachten kreuzen auf dem Wasser, und Linienschiffe sowie Ausflugsdampfer aus Piräus durchqueren die Meerenge auf ihrem Weg zu den Inseln Hydra und Spetses. Für die Gäste der einladenden Cafés, Restaurants und Tavernen an der belebten Uferpromenade von Poros gibt dieses bunte Treiben stets eine abwechslungsreiche Kulisse ab.
Der sympathische Inselort selbst besticht mit einer anziehenden und entspannten Atmosphäre. Dabei steht die gelassene Geschäftigkeit im Bereich der Uferfront mit ihren zahlreichen Läden und Lokalen in durchaus harmonischem Kontrast zu der Ruhe, die schon in den unmittelbar anschließenden Gassen vorherrscht. Zu entdecken gibt es beim gemütlichen Herumschlendern hier wie dort genug, angefangen bei der kleinen Markthalle mit ihrem reichhaltigen Angebot an Fisch und Fleisch bis hin zu versteckt liegenden, fotogenen Häusern und pittoresken Winkeln im Ortsinneren. Unbedingt lohnend ist schon allein wegen der großartigen Aussicht der kurze Anstieg zum 1927 errichteten Uhrturm, dem Wahrzeichens von Poros.

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Uferpromenade Poros, zentraler Platz mit Ehrendenkmal für Gefallene
(Πλατεία Ηρώου / Platía Iróou)

Besuch des Pausanias

Über eine kleine Landenge ist der Ort mit dem anschließenden, größeren Teil der Insel verbunden, der neben einem dichten Waldbewuchs nicht nur mit herrlichen Buchten und Stränden aufwartet, sondern für Kulturinteressierte auch mit einem reizvollen Kloster sowie den Ruinen eines antiken Heiligtums. Noch in der Antike gab es die heutige Verbindung zwischen den beiden Teilen nicht, sodass der Reiseschriftsteller Pausanias, als er die Gegend im 2. Jahrhundert besuchte, zwei getrennte Inseln vorfand, das größere Kaulauria (Καλαύρεια) und das kleinere Sphairia (Σφαιρία), auf dem der heutige Ort liegt. Erst im Laufe der Jahrhunderte führten Ablagerungen von Schwemmmaterial und eine entsprechende Versumpfung zur Herausbildung der Landenge. Überdies berichtet Pausanias, dass Sphairia zu seiner Zeit noch zu Fuß zu erreichen war. Die jetzige Durchfahrt muss also durch eine spätere Absenkung der Küstenlinie entstanden sein.
Benannt war Sphairia nach Sphairos, dem legendären Wagenlenker des Pelops. In der Mythologie spielte die kleine Insel aber vor allem deshalb eine Rolle, weil hier dereinst der große attische Held Theseus gezeugt worden sein soll. Ansonsten stand das unbewohnte Sphairia trotz eines bekannten Athena-Tempels im Schatten der größeren Schwester Kalauria, auf der sich nicht nur eine gleichnamige Stadt fand, sondern vor allem auch ein bedeutendes Heiligtum des Poseidon. Der Gott selbst soll die Insel einst im Tausch gegen Delphi und Delos von seinem Neffen Apollon übernommen haben.
Sein heiliger Bezirk, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft sich auch die antike Stadt befand, liegt an exponierter Stelle weit oben auf einem Sattel zwischen zwei Berghöhen. Die Ursprünge des Heiligtums reichen zwar zurück bis ins 2. Jahrtausend v. Chr., die erhaltenen Reste aber stammen im Wesentlichen erst aus späterer Zeit.

Bekanntes Asylheiligtum

Zu herausragender politischer Bedeutung stieg die Anlage im 7. Jahrhundert v. Chr. auf. Damals avancierte sie zum kultischen Mittelpunkt und zentralen Sitz eines bedeutenden Städtebündnisses, einer sogenannten Amphiktyonie. Ihr gehörten nicht nur Orte der weiteren Region, wie beispielsweise Hermione oder Epidauros an, sondern selbst Athen sowie das in Böotien gelegene Orchomenos waren Mitglieder. Mit der Zeit trat dann noch ein weiterer Aspekt von eminentem Gewicht hinzu, entwickelte die Stätte sich doch zu einem der bekanntesten Asylheiligtümer Griechenlands. Hilfesuchenden aus allen Teilen der griechischen Welt wurde hier eine sichere Zuflucht vor Verfolgung geboten, allen voran dem großen athenischen Redner Demosthenes. Da er aus seiner ablehnenden Haltung gegenüber der makedonischen Herrschaft über Griechenland keinen Hehl gemacht und zum Widerstand aufgerufen hatte, konnte er sich in Athen nicht mehr sicher fühlen und floh schließlich ins Poseidon-Heiligtum von Kalauria. Von den Häschern im Jahr 322 v. Chr. aber auch hier aufgespürt, sah er den einzigen Ausweg im Selbstmord. Noch in römischer Zeit konnte man sein Grab im Heiligtum besuchen.
Die jahrhundertelange Nutzung der Anlage als Steinbruch hat leider dazu geführt, dass ihre erhaltenen Reste heute nur recht spärlich sind. Für den mäßigen Zustand entschädigt aber der herrliche Blick, den man von hier oben genießt. Er reicht zur Halbinsel Methana und nach Ägina hinüber, oft ist darüber hinaus aber sogar auch die attische Küste mit dem weißen Band des Häusermeeres ihrer Metropole Athen gut auszumachen.

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Reste des Poseidonheiligtums

Zustrom von Immigranten

Im byzantinischen Mittelalter diente die Nordküste von Poros arabischen Piraten längere Zeit als Rückzugsgebiet, sodass ansonsten kaum noch jemand auf der Insel leben mochte. Nachdem aber türkische Eroberer 1460 große Teile der Peloponnes in ihre Macht gebracht hatten, wichen zahlreiche Bewohner gerade der gegenüberliegenden Küstengebiete vor den Invasoren nicht nur nach Hydra und Spetses, sondern auch nach Poros aus. Bei ihnen handelte es sich vornehmlich um christliche Arvaniten, eine albanischstämmige Bevölkerungsschicht in Griechenland, die mit ihrem Zuzug auf die Insel den Grundstein des heutigen Orts legten. Aus Sicherheitsgründen siedelten sie sich nämlich auf der damals wie heute Kastelli genannten Höhe des späteren Uhrturms an, und so wurde dieser Bereich zur Keimzelle der modernen Siedlung. Ein weiterer Zustrom erfolgte, als auch die Venezianer 1540 ihre Besitzungen auf der Peloponnes an die neue Besatzungsmacht abgeben mussten. Diese selbst zeigte eher wenig Interesse an dem Eiland, sodass dessen neue Bewohner unter Befolgung bestimmter Auflagen verhältnismäßig ungestört dort leben konnten. Von großem Vorteil war für sie dabei der Wasserreichtum der Insel, der neben dem Fischfang in nicht unerheblichem Umfang auch die Möglichkeit zur Landwirtschaft bot. Später engagierten sich die Einwohner von Poros nach dem Vorbild ihrer Nachbarn auf Hydra und Spetses dann auch stärker im Bereich der Schifffahrt und des Seehandels, sollten dabei jedoch nie die herausragende Bedeutung der beiden anderen Inseln erreichen.

Text und Fotos von Jens Rohmann

Diese Reportage erschien in der Griechenland Zeitung Nr. 746 am 14. Oktober 2020.

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