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Flüchtlingslager Moria: Keine Besserung der Lage in Sicht

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Fotos (© Michael Lehmann) Fotos (© Michael Lehmann)

Hohe Mauern, tonnenweise schwerer Stacheldraht, ein Wachturm, viel Polizei und Security – Moria sieht im Oktober 2017 noch genauso aus wie im April 2016, als der Papst es besucht und anschließend mit einem Konzentrationslager verglichen hatte.

Es sind wieder deutlich mehr neue Migranten gekommen. Etwa 5.000 Neuankünfte allein im September hat das UNHCR registiert – im Oktober bisher knapp 4.000 neue Flüchtlinge, die mit Booten von der Türkei über die kurze Ägäis-Route kommen. Die meisten davon nach Lesbos. Nicht alle werden in den Hochsicherheitstrakt gepackt. Alaa Aldin Masriya aus Syrien steht vor seinem Zelt im Oliven-Feld mit Blick von außen auf die Stacheldraht-Mauern. Und versucht zu erklären, wie etwa 600 meist junge Männer in diesen Wochen ganz alleine klar kommen müssen: „Sie haben uns gesagt, ihr seid allein reisende Jungs, ihr könnt machen was ihr wollt, aber ihr bleibt hier draußen. Drinnen im Lager leben jetzt Familien und die harten Jungs, die Streit angezettelt haben, die werden bewacht – die netten Jungs bleiben draußen.“

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Frauenhaus in der Altstadt

Draußen leben heißt im Moment – ohne Strom, mit extrem bescheidenen Essen – zum Frühstück etwas Honig mit Brot und Wasser. Und ohne Toiletten und Duschen: Sich waschen müssen die Bewohner irgendwo in der Natur oder im Meer, nach drei Kilometern Fußmarsch – noch ist das Wasser 22 Grad warm. „Wir brauchen eine saubere Toilette, grässlich, wenn Du morgens aufwachst, und nicht weißt, wo du aufs Klo kannst, wo du dich waschen kannst. Wir leben hier ohne das Allernötigste zu haben.“
Nebenan im bewachten Lager Moria haben Journalisten bis auf wenige ausgewählte Einzelfälle keinen Zutritt. Das Wachpersonal im Innern sei teilweise extrem ruppig, hören wir. Auch drinnen gebe es nur verschmutzte Toiletten, keine Privatsphäre für Frauen mit Kindern. Auch Schwangere müssen mangels anderer Alternativen wieder in Moria leben. Nur wer Glück hat, findet schnelle Hilfe wie im kleinen Frauenhaus der Flüchtlingshilfe Bashira in der Altstadt von Mytilini. Und ein Badezimmer für sich alleine 20 Minuten lang. Sonja Andreu Barradas, die Bashira-Leiterin: „Ich habe keine Ahnung, wie die Menschen so lange durchhalten. Gleich nach dem Aufwachen jeden Tag nur jede Menge Sorgen um das Nötigste … und grade viele Flüchtlingsfrauen haben ja auch schon auf der Flucht extrem gelitten. Sie hatten große Hoffnung auf Europa – und das erfüllt sich auf Lesbos nicht. Welcome Europa heißt für viele, willkommen in der Hölle.“

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Unbeheizten Notbehausungen

Über Selbstmordversuche, häufige psychische Erkrankungen berichtete „Ärzte ohne Grenzen“ Mitte des Monats. Boris Cheshirkow, beim UN Flüchtlingshilfswerk verantwortlich für die Hilfe auf den griechischen Inseln, sagt: Viele in Europa und ganz besonders die griechische Regierung müssten jetzt schnell verstehen, dass das in Moria nicht einen neuen Winter lang so weitergehen kann: „Familien mit Kindern, Neugeborene darunter, müssen in Zelten schlafen – in unbeheizten Notbehausungen … Sie haben kaum medizinische Hilfe, nur wenige kümmern sich. Das ist wirklich eine extreme Notsituation, weil Moria auf Lesbos dermaßen überfüllt ist“.
Und auch das gehört zum Flüchtlingsalltag auf Lesbos: Zwei Afrikanerinnen, anerkannt als Asylbewerber, sind vom griechischen Festland für einen Tag zurückgereist auf die Insel. Sie sind Überlebende des Bootsunglücks vom April dieses Jahres – 16 Flüchtlinge sind dabei in der Ägäis gestorben. Für die so schnell im Meer verschwundenen Toten wurde diese Woche ein Kreuz auf Lesbos errichtet. Ein Gedenken im Stillen, ohne Presse. Flüchtlingshelfer haben es gemeinsam mit den Frauen organisiert, die das Unglück überlebt hatten, weil sie sich irgendwie an ihre Handtaschen im Wasser geklammert hatten und nicht untergingen. Wichtig sind solche Momente, auch wenn sie für alle Beteiligten traurig sind, sagt Klaus Stramm, Seenotretter bei der Hilfsorganisation „Seawatch“: „Man muss einfach Zeichen setzen. Man kann die Toten nicht nur in Zahlen verwandeln. Das geht nicht. Jeder einzelne Mensch hat das Recht hier, würdig behandelt zu werden – auch im Tode.“

Von Michael Lehmann, Lesbos

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