Debatte über Rotstiftpolitik
Bereits seit
dem gestrigen Montag befindet sich der Leiter der EU-Task-Force für
Griechenland Horst Reichenbach in der griechischen Hauptstadt. Er
soll vor allem bei der Vorantreibung von Reformen Athen unter die
Arme greifen. Am heutigen Dienstag will er sich mit den Ministern
für Finanzen und Entwicklung treffen. Bereits gestern hat er sich
mit dem Minister für Handelsschifffahrt und Ägäis Kostas
Mousouroulis getroffen. Besprochen worden war die
Privatisierungspolitik für Häfen in der Form von Konzessionen. Ziel
ist es, Griechenland aus seiner prekären Finanz- und
Wirtschaftslage zu bugsieren, die vor mehr als zwei Jahren
öffentlich ausgebrochen ist.
Die am 17. Juni neu gewählte Regierung will nun einzelne Maßnahmen
mit der Troika aushandeln. Die Regierung will u.a. weitere
Steuererhebungen, neuen Gehalts- und Rentenkürzungen wie auch
Entlassungen von Beamten aus dem Staatsdienst vermeiden. Die
Vorsitzenden der drei Parteien, die die Regierung unterstützen –
Antonis Samaras (ND), Evangelos Venizelos (PASOK) und Fotis
Kouvelis (DIMAR) – wollen zudem das Rettungspaket auf weitere zwei
Jahre, also bis 2016, ausdehnen. Als Gegenleistungen wollen sie so
schnell wie möglich mit Privatisierungen und der Vereinigungen von
öffentlichen Betrieben voranschreiten. Damit begonnen werden kann,
allem Anschein nach, bereits ab August. Die griechische Seite ist
der Ansicht, dass man der Troika erst einmal konkrete Ergebnisse
ihrer Arbeit auf den Tisch legen müsse, um im Anschluss besser
verhandeln zu können. Ziel der Dreierregierung ist es, die
vierjährige Legislaturperiode voll auszuschöpfen. Aus diesem Grund
will sie auch Maßnahmen in die Wege leiten, die einen
Durchsetzungshorizont von vier Jahren haben.
Reformen bei Arbeitsbeziehungen
Jörg
Asmussen von der Europäischen Zentralbank (EZB), der sich derzeit
in Athen aufhält, hat am Montag klargestellt, dass Griechenland
Reformen bei den Arbeitsbeziehungen durchsetzen müsse, um in der
Eurozone bleiben zu können. Die Umstrukturierung des Marktes müsse
ihm zufolge die höchste Priorität der Regierung sein. Es müsse zu
Privatisierungen von Staatsbesitz und zur Bekämpfung der
Steuerflucht kommen.
Athen müsse zudem die verlorene Zeit, die durch zwei
Parlamentswahlen (am 6. Mai und 17. Juni) verloren gegangen ist,
wieder aufholen. Das EZB-Mitglied betonte, dass das Memorandum die
beste Lösung für Griechenland sei. Weiterhin stellte Asmussen in
einem Interview fest, dass es für Griechenland nicht möglich sei,
sich an der Rekapitalisierung der Banken direkt aus den
EU-Rettungsfonds zu beteiligen, ohne dass die Schulden des Staates
davon betroffen seien. Auf solch einen Schritt hatte man sich
während des EU-Gipfeltreffens auf Druck von Spanien und Italien mit
diesen Ländern geeinigt.
Privatisierungen und gerechtes
Steuersystem
Der noch nicht vereidigte Finanzminister
Jannis Stournaras zeigt sich dazu entschlossen, die Maßnahmen
ähnlich wie es Asmussen beschrieben hat, durchzusetzen. Zu seinen
Zielen gehören u. a. die Schließung und Zusammenlegung sowie die
Privatisierung von staatlichen Organisationen, die Verwertung von
Staatsbesitz und der Aufbau eines gerechten Steuersystems, das die
Steuerhinterziehung bekämpfen wird. Zu den ersten
Privatisierungsobjekten gehören voraussichtlich die Gaswerke (DEPA)
wie auch das Eisenbahnunternehmen „Trainose". Ziel ist es, zwischen
2013 und 2014 11,6 Mrd. Euro einzusparen. Stournaras soll, als
letztes Ministermitglied, am Donnerstag seinen Eid ablegen. Einen
Tag später möchte die Regierung das Vertrauen vom Parlament
erhalten. Die Debatte darüber soll voraussichtlich bis
Sonntagmitternacht andauern. Ministerpräsident Antonis Samaras wird
sich voraussichtlich am Sonntag mit der Troika treffen. Bereits an
diesem Donnerstag wird sich Stournaras mit den Troika-Chefs Poul
Thomsen (IWF; Foto: l.), Matthias Mors (Europäische Kommission;
Foto: r.) und Klaus Masuch (EZB; Foto: m.) beraten. Stournaras
hatte sich bereits am Montag mit Asmussen getroffen. Heute stehen
Unterredungen mit Reichenbach auf dem Programm. (Griechenland
Zeitung / eh, Archivfoto: Eurokinissi)