Venizelos kommentierte die Gespräche mit den Worten, dass man sich auf einen „zufriedenstellenden Fortschritt“ geeinigt habe. Um alles in Sack und Tüten zu bringen, wollen am heutigen Mittwoch noch der Ministerrat und anschließend die Parlamentsfraktion der PASOK tagen. Insider, aber auch einige Parlamentarier der PASOK fürchten, dass die Fraktion der Sozialisten nicht bereit sein könnte, die zusätzliche Last dieser neuen Maßnahmen zu schultern. Die sozialistische PASOK könnte damit einer Zerreißprobe unterzogen werden. Bereits am Dienstag hatte der PASOK-Abgeordnete Dimitris Karydis eine „falsche Handhabung durch die Regierung“ kritisiert.
Entlassungen von 200.000 Staatsdienern
Nun, so heißt es, werden die Gehälter der Staatsangestellten in
vielen Fällen abermals gesenkt, und zwar um bis zu 40 %.
Besserverdiener in staatlichen Diensten müssen sogar mit einem
Abstrich der Hälfte ihres Monatsgehalts rechnen. Zementiert werden
sollen diese drastischen Gehaltskürzungen durch Rahmentarifverträge
für alle Bediensteten der öffentlichen Hand. Objektive
Bemessungsgrundlagen sind der Bildungsstand, die gesammelten
Erfahrungen und die Kompetenz. Vor allem aber wird es bei den
zahlreichen Zulagen zu saftigen Abstrichen kommen.
Doch hinter vorgehaltener Hand raunt man sich in Griechenland
bereits zu, dass sich jene, die von den geplanten Gehaltskürzungen
betroffen sind, sogar noch freuen könnten, denn bis zum Jahr 2015
soll 200.000 Staatsangestellten die Tür gewiesen werden. Viele von
ihnen werden direkt entlassen, anderen wird eine einjährige
„Ruhepause“ gegönnt, die sich „Arbeitsreserve“ nennt. – Die
Betroffenen dürfen in diesem Jahr zuhause bleiben und erhalten
weiterhin etwa 60 % ihres bisherigen Gehaltes. Doch die Sache hat
einen Haken: Wenn das Ruhejahr vorüber ist, erhalten sie eine
letzte Chance, eventuell in den Staatsdienst zurückzukehren. Dafür
werden sie sich diversen Tests und Prüfungen unterziehen müssen.
Wer diese besteht, erhält einen völlig neuen Vertrag zu den dann
üblichen Bedingungen für Neueingestellte. – Der Rest wird sich im
Privatsektor nach einer neuen Stelle umsehen müssen. Um all das
rechtlich absichern zu können, glaubt der Minister für
Verwaltungsreformen und E-Governement in der griechischen
Verfassung ein „Fensterchen“ gefunden zu haben. Demnach heißt es,
dass Beamte ihren Posten verlieren könnten, falls die betreffende
Planstelle abgebaut werden sollte.
Rentner, Niedrigverdiener und Immobilienbesitzer zur Kasse gebeten
Doch auch Rentner werden es nicht gerade leicht haben, wenn die Maßnahmen realisiert werden. Venizelos hat gemeinsam mit der Troika beschlossen, dass ein Höchstsatz für Renten festgelegt wird. Dieser soll 1.500 bis maximal 1.700 Euro betragen. Alle anderen Renten werden bis zum Jahr 2015 eingefroren. Doch die Kürzungen gehen noch weiter, weil zusätzlich die Steuerfreibeträge gesenkt werden sollen: Von bisher 8.000 Euro auf 4.000 bis 6.000 Euro. Durch diese Maßnahmen erhofft sich Athen zusätzliche Einnahmen von etwa 100 Mio. Euro. Betroffen davon sein werden etwa 500.000 Arbeitnehmer und Rentner.
Ein ungemütlicher Winter bahnt sich an
Gerade für die Rentner könnte es im kommenden Winter besonders
ungemütlich werden, wenn sie kein zusätzliches Einkommen oder keine
finanzielle Hilfe aus dem Familien- und Freundeskreis erhalten.
Denn es soll auch die Heizölsteuer angehoben bzw. diese soll mit
der Treibstoffsteuer gleichgesetzt werden. Das dürfte unweigerlich
zu steigenden Öl- und Gaspreisen führen. Verlängert wird auch die
kürzlich beschlossene Erhebung einer Sonder-Immobiliensteuer, die
kurzerhand über die Elektrizitätsrechnungen eingetrieben wird. Sie
soll nun nicht nur bis 2012, sondern mindestens bis 2014
gelten.
Allerdings hieß es, dass die Troika nun darauf besteht, einen
Schlussstrich unter derartige Erhöhungen zu ziehen, damit die
Wirtschaft nicht noch weiter geschwächt wird. Venizelos wird
deshalb nach neuen Maßnahmen – eine davon wäre etwa die Bekämpfung
der Steuerflucht – suchen müssen, damit das „Fass wieder einen
Boden bekommt“, wie er es selbst gern ausdrückt. (GZeh, Foto:
Eurokinissi)