Insbesondere im Zusammenhang mit Flüchtlingsbooten, die von Nordafrika nach Unteritalien steuern, geistert oft eine Falschmeldung durch die Berichterstattung. Manche Boote mit ihren verzweifelten und erschöpften Insassen landen auf Italiens südlichster Insel, auf Lampedusa. Und die Presse in Nordeuropa schreibt dann gleich dazu, Lampedusa sei der südlichste Zipfel Europas. Das stimmt nicht. Wer einen Globus zur Hand hat, kann es nachprüfen. Und mit jedem guten Atlas geht das auch. Der südlichste Punkt Europas gehört zu Griechenland.
Es ist die Südspitze der kleinen Insel Gavdos, südlich von Kreta. Verwaltungsmäßig gehört die Insel zur Präfektur Chania. Am Kap Tripiti, das als karger Felsen ins Meer ragt, ist ein Stuhl einzementiert. Auf der Lehne steht „Southern Point of Europe“. Es stimmt wirklich. Lampedusa liegt auf 35 Grad, 30 Minuten nördlicher Breite, Gavdos auf 34 Grad 50 Minuten. Allerdings leben auf Gavdos nur rund 150 Menschen. Im Sommer werden es durch Urlauber und Tagesbesucher wesentlich mehr. Tagestouren werden von mehreren Häfen an der Südküste Kretas angeboten, von Agia Roumeli zum Beispiel oder von Paläochora. Zu Gavdos gehört eine kleine Schwester, Gavdopoula. Dieses unbewohnte Inselchen sollte nach einem Plan aus den neunziger Jahren platt gemacht und in einen riesigen Öl-Umschlagshafen verwandelt werden. Umweltschützer liefen Sturm. Zwischen beiden Inseln liegt im Wasser ein „Garten Poseidons“ mit intakter Meeresflora und -fauna. Und auch Gavdopoula selbst ist als Rastplatz für Zugvögel auf dem Wege von und nach Afrika wichtig.
Text und Foto: Konrad Dittrich