Der Olymp als Sitz der Götter, Tempel und Ruinen aus der Antike und herrliche Inseln und Sandstrände. Griechenland ist eines der beliebtesten Reiseziele auf der ganzen Welt. Vor nicht einmal zwanzig Jahren war das Land auch noch eine Fußballgroßmacht. 2004 konnte europaweites Aufsehen erregt werden, als Angelos Charisteas die Griechen zum Titel bei der Europameisterschaft köpfte. 2021 schaut die Situation weniger rosig aus. Die Teilnahme an der diesjährigen Europameisterschaft wurde hinter Italien und Finnland klar verpasst. Auch in der FIFA-Weltrangliste findet man sich nur mehr auf dem 51. Platz wieder. Aber was ist in der letzten Dekade schiefgelaufen und wie kann die Nationalmannschaft wieder an alte Erfolge anknüpfen?
Der Sieg 2004
Der Titel 2004 hat alle Experten überrascht. Die defensive Spielweise der Griechen wurde von Experten als veraltet angesehen, und es wurde bezweifelt, ob Otto Rehhagel mit dieser Taktik Erfolg haben kann. Dabei war die Spielweise eigentlich ihrer Zeit voraus. Es ging nicht um das simple Verteidigen des eigenen Tors, sondern um das Zerstören des gegnerischen Spielaufbaus. Diese Idee des Verteidigens ist heute die Grundlage des modernen Pressingfußballs. Dieser hat sich seitdem weiterentwickelt und bildet heute die Grundlage von Mannschaften aus England, Belgien und Deutschland. Teams aus diesen drei Ländern sind deswegen auch Teil des Favoritenkreises bei der EURO dieses Jahr. So sehen Wettanbieter England und Belgien als zwei der größten Favoriten, aber auch Deutschland kann sich mit einer Sportwetten-Quote von 9,00 gute Chancen ausrechnen (Stand: 24. 05.). Mit dem starken Pressing haben vor allem technisch versierte Teams wie Spanien große Probleme. Wer ein Beispiel dafür haben will, muss sich nur an das letztjährige Champions-League-Duell zwischen dem FC Bayern München und dem FC Barcelona zurückerinnern.
Die verpasste Qualifikation 2021
2021 sieht die Situation für das griechische Nationalteam ganz anders aus. Das offensive Verteidigen ist mittlerweile von Spitzennationen mit einer offensiven Komponente erweitert worden. Das fehlte dem Team 2004 noch, jedoch konnte dies durch eine extreme Effizienz verdeckt werden. Derzeit fehlt auch diese. So musste die letzte Hoffnung auf eine Qualifikation nach einer Niederlage gegen Finnland und einem Unentschieden gegen Liechtenstein aufgegeben werden. Noch unangenehmer war das Abschneiden zur EURO 2016. Damals wurde man letzter in der Qualifikationsgruppe, ohne gegen eine europäische Topnation spielen zu müssen. Schließlich qualifizierten sich Nordirland, Rumänien und Ungarn für das Turnier und Griechenland musste sich sogar hinter den Färöer-Inseln in der Tabelle anstellen. Seit 2014 war man generell bei keinem Großereignis mehr dabei.
Was muss sich ändern?
Es braucht einige Änderungen, um den griechischen Fußball wieder konkurrenzfähig zu machen. Ein wichtiger Punkt wäre die Verbesserung der Spielerförderung. Die großen Nationen haben mehr finanzielle Mittel zur Verfügung und bessere infrastrukturelle Einrichtungen. Deswegen gibt es auch nur ein großes Talent im griechischen Fußball: Christos Tzolis. Hier muss der Hebel angesetzt werden, weil dem Kader ansonsten ganz einfach die offensive Qualität fehlt. Defensiv spielen auch gute Spieler für das Land. Odysseas Vlachodimos, Kyriakos Papadopoulos, Konstantinos Mavrapanos und Konstantinos Tsimikas sind solide Spieler in ihren Vereinen. Offensiv gibt es, abgesehen vom Kapitän Anastasios Bakasetas, aber keinen Spieler, der den Unterschied ausmachen kann. Zusätzlich muss wieder ein ähnlicher Mannschaftsgeist erzeugt werden wie jener, der das Team von 2004 charakterisiert hat. Damals war die Mannschaft eine eingeschworene Einheit, weswegen auch das Kraft zehrende Verteidigen praktiziert werden konnte. Damals spielte jeder für jeden und kämpfte bis zum Umfallen. Auch taktisch braucht es eine Veränderung. Während ein guter Zusammenhalt und ein kämpferischer Fußball nie veralten wird, ist die Rehhagel-Taktik mittlerweile nicht mehr erfolgreich. Diese wurde zur EURO 2008 reaktiviert und auch Michael Skibbe versuchte sich (weniger erfolgreich) in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2018 daran. Mittlerweile können sich Teams besser darauf einstellen und das System besser knacken. Wenn die Effizienz und Standardstärke dann nicht vorhanden ist, wird es schwer mit Siegen. Wichtig wäre, dass sich das Team offensiv verbessert.
Um in den nächsten Jahren eine Sensation wie im Jahr 2004 zu schaffen, braucht es große Änderungen im griechischen Fußball. Die Entwicklung der Spieler muss modernisiert werden und auch die Taktik sollte an den modernen Fußball angepasst werden. Diese Veränderungen sollen in Kürze auch in Kraft treten, aber bis sich das neue System eingespielt hat, dauert es noch einige Jahre. Das erste Ziel ist die Weltmeisterschaftsqualifikation 2022. Letztlich sind nämlich Überraschungen wie 2004 auch heute noch möglich. Im Vereinsfußball hat das zuletzt Leicester City bewiesen, als es 2016 der reichen englischen Konkurrenz trotzte und den Sieg in der Premier League feiern konnte. (ba)