GZ-Interview mit dem Trainer von APOEL Nikosia Jorgos Dionis
Seine aktive Glanzzeit erlebte Jorgos Donis in den Neunziger Jahren, als er mit dem Team von Panathinaikos Athen etliche nationale Titel holte und 1996 es sogar bis ins Halbfinale der Champions-League schaffte. So erweckte „Mubarak“, wie der Flügelstürmer von seinen damaligen Mitspielern ob seiner bräunlichen Hautfarbe genannt wurde, Aufmerksamkeit und wurde der erste griechische Spieler, der im Sommer jenen Jahres in die Premier League, zu Blackburn Rovers gewechselt ist. Seine Trainerlaufbahn startete er in Griechenland, wo er unter anderem Larissa, AEK Athen und PAOK Saloniki betreute, ehe er im Februar 2015 beim saudischen Spitzenklub Al Hilal Riad anheuerte. Auf der Trainerbank von APOEL Nikosia sitzt der 48-Jährige, der in Frankfurt als Kind griechischer Gastarbeiter geboren wurde, bereits zum zweiten Mal, nachdem er bereits in der Saison 2013/14 den zyprischen Rekordmeister zum Doublegewinn geführt hatte. Sein Sohn, Anastasios, steht seit dieser Saison beim VfB Stuttgart unter Vertrag.
GZ: Nach dem Remis beim Tabellenschlusslicht Ethnikos Achnas sind Sie zurückgetreten, Ihre Demission wurde jedoch von der Vereinsführung nicht angenommen. Sind Sie jetzt Trainer auf Abruf?
DONIS: Nach der blamablen Vorstellung am Samstag sah ich mich gezwungen, die Konsequenzen zu tragen und mein Amt zur Verfügung zu stellen. Die Vereinsführung sprach mir aber weiterhin das Vertrauen aus und bat mich, weiterhin die Geschicke der Mannschaft zu leiten. Jetzt gilt es, dass wir, Spieler und Trainerteam, gemeinsam den Karren aus dem Dreck ziehen. Das ist nun mal der Traineralltag.
Hochkarätige Gegner
GZ: Sie belegen mit APOEL momentan Platz acht in der Meisterschaft, am Mittwoch treten Sie im Rahmen der Champions-League in Dortmund an. Nicht unbedingt ein Sparringsgegner?
DONIS: In der Champions-League hast du es mit lauter Hochkaräten zu tun. Insofern ist es mir nicht angst und bange. In den vorangegangenen Spielen gegen Real Madrid (0:3) und Tottenham (0:3) sowie im Hinspiel gegen Dortmund(1:1) hat meine Mannschaft über weite Strecken ansehnlichen Fußball gezeigt, und gegen Dortmund hätten wir durchaus auch mit einem Sieg vom Platz gehen können.
GZ: Dortmund scheint im Augenblick Ihr direkter Konkurrent auf den dritten Tabellenplatz zu sein, der zur Teilnahme an der Europa-League berechtigt.Welches Bild haben Sie von der Borussia.
DONIS: Es ist kein Geheimnis, dass Dortmund einen sehr breiten Kader mit enormer Qualität besitzt. Für mich persönlich ist Dortmund stärker als Tottenham, und dies soll nicht als pure Höflichkeit interpretiert werden. Die Dortmunder waren auch letzte Saison sehr stark, in dieser Saison gewinnen sie aber in der Bundesliga auch Spiele, bei denen sie nicht immer überzeugen oder die eng verlaufen. Das ist ein Indiz von Reife und hoher Spielkultur. Es scheint aber, dass sie momentan in der Bundesliga ein wenig Tritt verloren haben und die Tabellenführung an Bayern München abgeben mussten.
Sportliches Niveau erhöht
GZ: Sie nehmen mit Ihrer Mannschaft bereits zum zweiten Mal, nach der Saison 2014/15, in der Gruppenphase der Champions-League teil. Ein Riesenerfolg, wenn man die Kader-und Budgetstärke Ihrer Konkurrenten ansieht. Wie erklären Sie sich das?
DONIS: Der Verein hat kontinuierlich seit seiner ersten Teilnahme an der Champions-League vor acht Jahren an seiner Entwicklung gearbeitet. Vor fünf Jahren scheiterte APOEL erst im Viertelfinale an Real Madrid. Zudem kam noch in den letzten Jahren die Teilnahme an der Europa-League. All diese Erfahrungen kamen dem gesamten Umfeld des Vereins zugute und haben die Erwartungshaltung, sowie das sportliche Niveau erhöht. Hinzu kam die Tatsache, dass sich seit ein paar Jahren der Modus geändert hat und sich die peripheren Landesmeister, wie aus Zypern, über Umwege zur Gruppenphase qualifizieren müssen. So kann man, im Verlauf der Jahre, in der UEFA-Wertung Punkte sammeln und vermeintlich leichtere oder adäquate Gegner in den Play-Offs zugelost bekommen.
GZ: Das kann man über Ihre aktuellen Gruppengegner, Real, Tottenham und Dortmund nicht unbedingt sagen. Läuft die Teilnahme an der Gruppenphase unter dem olympischen Motto „dabei sein ist alles“?
DONIS (schmunzelnd); Die Losfee meinte es nicht gut mit uns! Das sind alles Spitzenteams, die uns sportlich und finanziell überlegen sind. Nichtsdestotrotz wollen wir mitspielen und der eine oder andere Stolperstein für die Gegner sein. Ich bin von meiner Mannschaft und ihren bisherigen Auftritten sehr zufrieden. Der Erfahrungs-und Unterhaltungswert solcher Partien ist für alle Beteiligten immens, vom finanziellen Aspekt ganz abgesehen.
GZ: Ihr Sohn spielt seit dieser Saison beim VfB Stuttgart. Haben Sie ihm geraten, in die Bundesliga zu wechseln?
DONIS: Natürlich tausche ich mich mit meinem Sohn über solche Themen aus. Allerdings war dieser Transfer etwas komplexer, zumal er bei Juventus Turin unter Vertrag stand und an Nizza ausgeliehen war. Die Stuttgarter waren von ihm anscheinend so überzeugt, dass sie 80 Prozent der Anteile des Spielers von Juventus erworben und ihm ein gutes Handgeld angeboten haben. Zudem ist der VfB ein traditionsreicher Verein, bei dem sich Anastasios besser entfalten kann. Letztendlich spielte die hohe Wettbewerbsfähigkeit und Reputation der Bundesliga einen enormen Anteil bei dieser Entscheidung. Leider hat er sich vor kurzem schwer am Schulterreck verletzt und muss nun fünf bis sechs Wochen pausieren.
Adresse im Weltfußball
GZ: Apropos Bundesliga. Sie sind in Frankfurt geboren; würde Sie ein Trainerposten in der Bundeliga reizen?
DONIS: (schmunzelnd) Das ist jetzt eine rhetorische Frage?! Natürlich ist die Bundesliga eine sehr interessante Adresse im Weltfußball und Objekt der Begierde für Spieler und Übungsleiter. Allerdings arbeiten dort sehr viele gute deutsche und ausländische Trainer, und insofern verschwende ich momentan keine Gedanken daran. Ganz abgesehen davon, dass mein Deutsch leider auf Kindergartenniveau stagniert ist, nachdem meine Eltern vier Jahre nach meiner Geburt Frankfurt verlassen haben und nach Griechenland zurückgekehrt sind. Das hindert mich aber nicht, die Bundesliga, erste und zweite, regelmäßig zu verfolgen und nebenbei Deutschunterricht zu nehmen.
GZ: Der Transfer von Neymar in diesem Sommer hat bis dato unvorstellbare Rahmen gesprengt und eine Kettenreaktion auf dem internationalen Transfermarkt hervorgerufen. Ist diese Entwicklung nicht besorgniserregend, insbesondere für kleinere Klubs?
DONIS: Das ist eine Tatsache, die wir akzeptieren müssen. Es gab immer schon potente Fußballmäzene, die viel Geld in Umlauf gebracht haben und bringen. Es führt kein Weg vorbei, dass die Klubs, die nicht über solche finanziellen Mittel verfügen, mehr auf die Ausbildung im Jugendbereich setzen und hoffen, dass ein Teil vom Kuchen auch für sie übrig bleibt.
GZ: Bayern-Präsident Uli Hoeneß äußerte neuerlich seine Bedenken zu dieser Entwicklung und meinte, dass irgendwann diese „Geldgeber“ frustriert, wegen des ausbleibenden Erfolgs, das Feld räumen werden, in dem Bayern dann zuschlagen kann.
DONIS (schmunzelnd): Das sagt gerade Hoeneß?!? Die Bayern haben doch über Jahre der einheimischen Konkurrenz, Dortmund an erster Stelle, die besten Spieler abgeworben. Das sind leider die internationalen Spielregeln und die beherrscht, glaube ich, Hoeneß besser als manch anderer Funktionär.
Das Interview führte Dimitris Dimoulas