Die Koalitionsregierung in Athen steht wieder einmal vor neuen
Hürden. Ein Video hat die Öffentlichkeit erreicht, in dem ein enger
Mitarbeiter von Samaras zugibt, dass die Verhaftung von
griechischen Neofaschisten politische Hintergründe hatte. Am
Mittwoch musste der Kabinettssekretär der griechischen Regierung,
Panagiotis Baltakos (siehe Foto), von seinem Amt zurücktreten.
Anlass dafür war ein Video, das der Pressesprecher der
neofaschistischen Chryssi Avgi (CA) Ilias Kassidiaris kurz zuvor
veröffentlicht hatte. Auf diesem Dokument wurde Baltakos
aufgezeichnet, als er zugab, dass die Verhaftungen von sechs
Parlamentariern der CA einen politischen Hintergrund hätten.
schen Hintergrund hätten.
Ministerpräsident Samaras, so erklärt er auf dem Video, befürchte
eine zunehmende Beliebtheit dieser Partei bei den Wählern. Das
Regierungsoberhaupt, so der Kabinettssekretär, habe persönlich die
vor mehreren Monaten erfolgten Verhaftungen gefordert. Außerdem
habe die griechische Justiz keine handfesten Beweise gegen die
neofaschistischen Parlamentarier in der Hand.
Koalition vor dem Aus?
Baltakos hat daraufhin zwar seinen Hut genommen und sich für die damit verbundenen Unannehmlichkeiten bei der Regierung entschuldigt. Doch vor dem Kabinett Samaras steht jetzt ein unerwarteter Problemberg. Dabei standen die Zeichen für das Kabinett Samaras bis zum „Fall-Baltakos" nicht schlecht. Am Sonntag konnte eine schwierige Multigesetzesnovelle durch das Parlament bugsiert werden, die die Voraussetzung für weitere Milliarden-Kredite ist. Für einen der insgesamt drei Artikel haben lediglich 151 Parlamentarier votiert. Dies entsprach genau der Mindestanzahl der benötigten Stimmen. Jorgos Papandreou, der bis 2011 das Land regiert hatte und 2012 vom Amt des PASOK-Vorsitzenden zurücktrat, hatte diesem Artikel die Stimme verweigert und damit gegen die Richtlinie der Partei verstoßen. In den jüngsten Entwicklungen, die durch das Baltakos-Video eingeleitet wurden, sieht er eine Untergrabung der Stabilität und Glaubwürdigkeit Griechenlands.
Angesichts der neuen Sachlage könnte der Vorsitzende der Sozialisten Evangelos Venizelos zum Handeln gezwungen sein. Der Druck einiger Parteifunktionäre, die von Anfang an gegen eine Koalition mit den Konservativen gewesen sind, dürfte zunehmen. Sie könnten nun erneut und verstärkt für einen Abbruch der Zusammenarbeit mit Samaras plädieren. Wahrscheinlicher ist allerdings die Option, dass Samaras von Venizelos dazu gedrängt werden könnte, die Regierungsmehrheit möglichst weiter auszubauen. In Frage käme dafür theoretisch die Demokratische Linke (DIMAR), die die Regierung bis Sommer 2013 noch unterstützt hatte. Als Anlass für den Rückzug aus der Koalition hatten sie damals die Schließung des staatlichen Rundfunks- und Fernsehens ERT genommen. Gesetzt den Fall, dass sich die Linksdemokraten eventuell erneut der Regierung anschließen sollten, würde das mit ziemlicher Sicherheit erst nach den Europawahlen im Mai geschehen.
„Enge Freunde der Regierung"
Im Moment zeigt sich die DIMAR ohnehin abwehrend. Nach dem Baltakos-Vorfall sprach sie von einer „Zusammenarbeit" von Kreisen der ND mit den rechtsradikalen Neonazis „hinter den Kulissen". Ähnlich war die Erklärung der größten Oppositionspartei des Landes SYRIZA: „dieses Video", so hieß es, beantworte die Frage, „warum die CA schon immer über dem Gesetz stand. Sie hatte beste Freunde innerhalb der Regierung." Die politisch im rechten Lager stehenden „Unabhängigen Griechen" (ANEL) forderten schlicht den Rücktritt der Regierung.
Den i-Punkt setzte nach dem Bekanntwerden des Vorfalls noch der Sohn von Baltakos auf die Sache. Der Angehörige der Hafenpolizei stürmte in die Büros der CA im Parlament und ging dort gewalttätig gegen drei der Anwesenden vor. Die Neofaschisten haben Klage gegen den Baltakos-Spross erhoben; dieser ist seither verschwunden und wird polizeilich gesucht.
Zusätzliche Brisanz bekommt das Thema auch deshalb, weil das Parlament am Mittwoch mit 200 „Ja"-Stimmen beschlossen hat, dass die Abgeordnetenimmunität von fünf weiteren Parlamentariern der CA aufgehoben wird. Ihnen wird u. a. Mitgliedschaft und Führung einer verbrecherischen Organisation vorgeworfen. Da das Video bereits vor etwa sechs Monaten gedreht worden ist, liegt der Schluss nahe, dass die Neofaschisten lediglich auf den geeigneten Zeitpunkt warteten, um daraus das größtmögliche politische Kapital zu schlagen.
Nachdem diese Partei nach den Wahlen im Jahre 2012 erstmals ins Parlament kam und daraufhin weiter in der Wählergunst zulegte, hatte sie in den letzten Wochen an Beliebtheit eingebüßt. Beobachter führen dies auch auf die gegen sie erhobenen juristischen Vorwürfe zurück. Mehrere führende Funktionäre, darunter auch der Parteichef, sitzen seit Monaten in Untersuchungshaft.
Text: Elisa Hübel, Foto: Eurokinissi
Koalition vor dem Aus?
Baltakos hat daraufhin zwar seinen Hut genommen und sich für die damit verbundenen Unannehmlichkeiten bei der Regierung entschuldigt. Doch vor dem Kabinett Samaras steht jetzt ein unerwarteter Problemberg. Dabei standen die Zeichen für das Kabinett Samaras bis zum „Fall-Baltakos" nicht schlecht. Am Sonntag konnte eine schwierige Multigesetzesnovelle durch das Parlament bugsiert werden, die die Voraussetzung für weitere Milliarden-Kredite ist. Für einen der insgesamt drei Artikel haben lediglich 151 Parlamentarier votiert. Dies entsprach genau der Mindestanzahl der benötigten Stimmen. Jorgos Papandreou, der bis 2011 das Land regiert hatte und 2012 vom Amt des PASOK-Vorsitzenden zurücktrat, hatte diesem Artikel die Stimme verweigert und damit gegen die Richtlinie der Partei verstoßen. In den jüngsten Entwicklungen, die durch das Baltakos-Video eingeleitet wurden, sieht er eine Untergrabung der Stabilität und Glaubwürdigkeit Griechenlands.
Angesichts der neuen Sachlage könnte der Vorsitzende der Sozialisten Evangelos Venizelos zum Handeln gezwungen sein. Der Druck einiger Parteifunktionäre, die von Anfang an gegen eine Koalition mit den Konservativen gewesen sind, dürfte zunehmen. Sie könnten nun erneut und verstärkt für einen Abbruch der Zusammenarbeit mit Samaras plädieren. Wahrscheinlicher ist allerdings die Option, dass Samaras von Venizelos dazu gedrängt werden könnte, die Regierungsmehrheit möglichst weiter auszubauen. In Frage käme dafür theoretisch die Demokratische Linke (DIMAR), die die Regierung bis Sommer 2013 noch unterstützt hatte. Als Anlass für den Rückzug aus der Koalition hatten sie damals die Schließung des staatlichen Rundfunks- und Fernsehens ERT genommen. Gesetzt den Fall, dass sich die Linksdemokraten eventuell erneut der Regierung anschließen sollten, würde das mit ziemlicher Sicherheit erst nach den Europawahlen im Mai geschehen.
„Enge Freunde der Regierung"
Im Moment zeigt sich die DIMAR ohnehin abwehrend. Nach dem Baltakos-Vorfall sprach sie von einer „Zusammenarbeit" von Kreisen der ND mit den rechtsradikalen Neonazis „hinter den Kulissen". Ähnlich war die Erklärung der größten Oppositionspartei des Landes SYRIZA: „dieses Video", so hieß es, beantworte die Frage, „warum die CA schon immer über dem Gesetz stand. Sie hatte beste Freunde innerhalb der Regierung." Die politisch im rechten Lager stehenden „Unabhängigen Griechen" (ANEL) forderten schlicht den Rücktritt der Regierung.
Den i-Punkt setzte nach dem Bekanntwerden des Vorfalls noch der Sohn von Baltakos auf die Sache. Der Angehörige der Hafenpolizei stürmte in die Büros der CA im Parlament und ging dort gewalttätig gegen drei der Anwesenden vor. Die Neofaschisten haben Klage gegen den Baltakos-Spross erhoben; dieser ist seither verschwunden und wird polizeilich gesucht.
Zusätzliche Brisanz bekommt das Thema auch deshalb, weil das Parlament am Mittwoch mit 200 „Ja"-Stimmen beschlossen hat, dass die Abgeordnetenimmunität von fünf weiteren Parlamentariern der CA aufgehoben wird. Ihnen wird u. a. Mitgliedschaft und Führung einer verbrecherischen Organisation vorgeworfen. Da das Video bereits vor etwa sechs Monaten gedreht worden ist, liegt der Schluss nahe, dass die Neofaschisten lediglich auf den geeigneten Zeitpunkt warteten, um daraus das größtmögliche politische Kapital zu schlagen.
Nachdem diese Partei nach den Wahlen im Jahre 2012 erstmals ins Parlament kam und daraufhin weiter in der Wählergunst zulegte, hatte sie in den letzten Wochen an Beliebtheit eingebüßt. Beobachter führen dies auch auf die gegen sie erhobenen juristischen Vorwürfe zurück. Mehrere führende Funktionäre, darunter auch der Parteichef, sitzen seit Monaten in Untersuchungshaft.
Text: Elisa Hübel, Foto: Eurokinissi