Auszahlung der Kreditrate auf gutem Weg
Im
Vordergrund der bilateralen Gespräche standen natürlich auch
Strukturmaßnahmen sowie ein Sparpaket in Höhe von 13,5 Mrd. Euro,
das Athen in Kürze verabschieden muss. Nur so kann das
Mittelmeerland eine Kreditrate in Höhe von 31,5 Mrd. Euro erhalten.
Griechenland hat das Geld bitter nötig, denn Mitte oder spätestens
Ende November sind die Staatskassen leer. Nach den Ereignissen in
Brüssel gehen Beobachter nun davon aus, dass sich der Weg für eine
Auszahlung der Milliardenschweren Kreditrate bereits während eines
Treffens der Eurogruppe am 12. November öffnen könnte. Auch könnte
eine Ausdehnung der Umsetzung des Sparpakets auf zwei weitere Jahre
(bis 2016) entschieden werden. Die Umsetzung dieses Sparpaketes
sieht eine weitere Senkung bei Renten und Gehältern von
Staatsdienern sowie Steuererhöhungen vor. Auch das
Gesundheitsministerium muss kräftig sparen: Hier belaufen sich die
vorgesehenen Kürzungen auf 1,5 Mrd. Euro.
Demonstration in Athen
Um ihren Unmut gegen diese Maßnahmen zu zeigen, haben am Donnerstag
zehntausende Griechen angesichts des EU-Gipfeltreffens im ganzen
Land protestiert. Allein in Athen sollen etwa 50.000 Personen auf
die Straße gegangen sein. Die beiden größten Gewerkschaften des
Landes, die ADEDY (öffentlicher Dienst) und die GSEE
(Privatwirtschaft) hatten zu einem Generalstreik aufgerufen.
Aufgrund der Demonstrationen war das Zentrum der Hauptstadt zum
großen Teil für den Verkehr gesperrt. Um das Parlament
abzuschirmen, wurde dort ein hoher Stahlzaun aufgestellt. In
Bereitschaft standen auch mehrere Wasserwerfer. Aus
Sicherheitsgründen wurde der Nationalgarten hinter dem Parlament
für die Öffentlichkeit geschlossen. Ebenfalls geschlossen blieben
die zentralen U-Bahn-Stationen „Syntagma" und „Panepistimio".
Ausschreitungen forderten mehrere Verletzte
Am Rande des friedlichen Protestes kam es jedoch vor dem Parlament
zu Angriffen von gewaltbereiten Chaoten gegen Einsatzkräfte der
Polizei mit Brandbomben. Letztere setzten Tränengas und
Blendgranaten ein. Ein 67-jähriger Demonstrant verstarb an einem
Herzinfarkt. Mindestens vier weitere Personen wurden verletzt, zwei
davon schwer. Die Ordnungshüter nahmen mehr als 50 Personen
vorübergehend fest. Außer in der Hauptstadt kam es auch in
Thessaloniki und in anderen Landesteilen zu Protesten. Die
kommunistische Gewerkschaft PAME hatte in etwa 70 Städten zu
Demonstrationen aufgerufen.
Große Streikbeteiligung
Am Streik beteiligten sich u. a. Beamte, Bankangestellte,
Apotheker, Lehrer sowie Mitarbeiter staatlicher Betriebe,
Kommunalangestellte und Bauarbeiter. Komplett bestreikt wurden
Eisenbahnen und Schiffe, der öffentliche Nahverkehr war teilweise
betroffen. Auf die Bremse traten sowohl ihn Athen als auch in
Thessaloniki die Taxifahrer. Weil die Fluglotsen für drei Stunden
ihre Arbeit niedergelegt hatten, kam es zu Verzögerungen im
Flugverkehr. Dem Ausstand angeschlossen hatten sich auch die
Händler, so dass vielerorts die Rollläden geschlossen blieben.
Bereits am Mittwoch hatten die Journalisten für 24 Stunden ihre
Arbeit nieder gelegt, am Donnerstag streikten sie nochmals für vier
Stunden. Ärzte der öffentlichen Krankenhäuser behandelten sowohl am
Mittwoch als auch gestern lediglich Notfälle. Gewerkschaftsangaben
zufolge soll die Streikbeteiligung in vielen Branchen zwischen 80
bis 100 Prozent gelegen haben.
Reaktionen der Opposition
Gewerkschafter brachten die Hoffnung zum Ausdruck, dass ihre
Forderungen von den in der belgischen Hauptstadt tagenden Staats-
und Regierungsoberhäuptern erhört werden. Um die Krise zu
bekämpfen, verlangt die Seite der Arbeitnehmer u. a. eine Stärkung
der realen Wirtschaft, Wachstumsimpulse sowie die Vermeidung von
Entlassungen im öffentlichen Sektor. Besitz von Steuerhinterziehern
müsse beschlagnahmt werden. Der Vorsitzende der großen Opposition
Syriza, Alexis Tsipras, sprach von „Lügen“ der
Dreiparteienregierung, die das Volk nicht verzeihen werde. Die
Stunde habe geschlagen, man müsse die Sache „selbst in die Hände“
nehmen. Panos Kammenos, Vorsitzender der rechtskonservativen
„Unabhängigen Griechen“, die ebenfalls auf den Bänken der
Opposition sitzt, sprach von einer EU des „Vierten Reichs und
Merkels“. Die kommunistische KKE forderte eine starke Volksallianz
und Loslösung von der EU. Während der Kundgebung in Athen hatten
Aktivisten einen vor dem Parlament errichteten Sicherheitszaun als
Zeichen der Solidarität mit spanischen und portugiesischen Flaggen
behängt. (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi)