Die größte Oppositionspartei des Landes, das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), schwächelt; gleichzeitig brodelt es erneut in den eigenen Reihen. In dieser Woche haben drei hochrangige Parteifunktionäre angekündigt, aus Parteiorganen zurückzutreten.
Es handelt sich um Dionysis Temponeras, Antonis Kotsakas und Charis Tsiokas; sie bleiben jedoch nach wie vor Parteimitglieder und wollen weiterhin zur „Weiterentwicklung der Partei“ beitragen. Entschlossen stellen sie fest: „SYRIZA gehört der Bevölkerung und seinen Wählern.“ Ihr Protest richtet sich u. a. gegen ein Statement von Parteichef Stefanos Kasselakis, in dem dieser von „meiner“ Partei bzw. „meinem SYRIZA“ gesprochen hatte.
Hintergrund dafür war eine Debatte über der Verwendung von „Schwarzgeldern“ sowie über das Phänomen der Überschuldung politischer Parteien. In diesem Sinne hatte Kasselakis erklärt, dass dies nicht auf „mein SYRIZA“ zutreffe. Rechtfertigen muss er sich gegenüber vielen Genossen vor allem auch dafür, dass die tägliche Druckausgabe des Partei-Blattes „Avgi“ eingestellt wird, das Organ soll weiterhin online und mit einer gedruckten Sonntagsausgabe präsent sein. Angeblich hätte man die Herausgabe der Tageszeitung nur mit Geldern aus schwarzen Kassen über Wasser halten können. Begonnen hatte diese Diskussion der frühere SYRIZA-Verteidigungsminister Evangelos Apostolakis (Januar-Juli 2019), der Kasselakis sehr nahe steht. Er hatte zum Ausdruck gebracht, dass alle Parteien in Griechenland über Schwarzgelder verfügen würden.
„Die Königin des Schwarzgeldes“
Die desolate Finanzlage bei SYRIZA nutze Kasselakis zudem, um zu erklären, dass es in diesem Bereich in „seiner“ Partei sehr „chaotisch“ zugegangen sei – bis er die Führung übernommen habe. Außerdem musste die Partei auf etwa 50 Prozent der Einnahmen aus staatlichen Finanzierungen verzichten, weil ihr die Wähler ausgegangen sind. Beobachter sehen diese Kommentare von Kasselakis als eine Anspielung auf die Führung seines Vorgängers Alexis Tsipras, der zwischen 2015 und 2019 auch die Regierung Griechenlands als Ministerpräsident geleitet hatte. Letzterer hatte erst kürzlich über eine Stiftung, die seinen Namen trägt, zum Zusammenschluss linker und sozialistischer Parteien aufgerufen.
Kasselakis, von Haus aus gestandener Geschäftsmann, hatte hinzugefügt, dass sich SYRIZA keine größeren Summen von Banken leihen werde. Dabei rief er auch Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis dazu auf, die Finanzen seiner konservativen ND-Partei der vergangenen zehn Jahre objektiv und unabhängig überprüfen zu lassen. Er wolle derartige Schritte für SYRIZA auf den Weg bringen. Die ND beschrieb Kasselakis in diesem Sinne als „die Königin des Schwarzgeldes“. In einem Interview gegenüber einem Radiosender, der für die griechische Minderheit in den USA berichtet, stellte er fest, dass der Schuldenberg der ND jedes Jahr um etwa 30 Millionen Euro anwachse.
Im Interview verkündete Kasselakis das Ziel, eine Partei zu schaffen, die „Griechenland regieren und verändern kann“. Dabei bezog er sich auch auf eine Umfrage, in der sich bereits im Februar 86 Prozent der SYRIZA-Mitglieder für „radikale Veränderungen“ eingesetzt hätten. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)