Das schlechte Wahlergebnis der beiden größten Parteien des Landes – ND und SYRIZA – dürfte Veränderungen in der eingeschlagenen Politik nach sich ziehen. Für die ND hatten lediglich 28,31 % der Wähler ihre Stimme abgegeben.
Premierminister Kyriakos Mitsotakis (ND) zog eine erste Schlussfolgerung noch am Wahlabend. Demnach hätten die Wähler der Regierungspartei signalisiert: „Wir vertrauen euch, doch ihr müsst härter arbeiten.“ In seinen Ausführungen ging er auch auf geringe Wahlbeteiligung ein; lediglich 43,51 % der Stimmberechtigten waren an den Urnen erschienen. Die Schuld dafür gab Mitsotakis vor allem der hohen Inflation, insbesondere bei den Lebensmittelpreisen. Gleichzeitig versprach er der Bevölkerung, dass die am Sonntag gewählten sieben ND-Europaparlamentarier ihr Bestes geben würden. Außerdem verwies er darauf, dass extrem rechte politische Kräfte in ganz Europa an Kraft gewonnen haben, nicht nur in Hellas. Kategorisch ausgeschlossen wurde von Mitsotakis allerdings ein vorverlegter Urnengang für das nationale Parlament. Er werde seine Legislaturperiode bis 2027 voll ausschöpfen; im vorigen Sommer war seine ND mit fast 41 Prozent der Stimmen nahezu triumphal gewählt worden und stellte damit 158 der Abgeordneten.
Noch wesentlich schlechter als die ND schnitt bei den Europawahlen am Sonntag die zweitstärkste griechische Partei, das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) ab. Sie erhielt nur 14,9 % der Stimmen – gehofft hatte ihr Parteichef Stefanos Kasselakis auf wesentlich mehr. Allerdings gab er sich in einem ersten Statement am Sonntagabend noch immer betont kämpferisch. Mit Blick auf die regierende ND konstatierte er, dass diese nun ihr „Alibi der 41 Prozent“ verloren habe – sie könne sich also nicht mehr ständig auf das gute Ergebnis vom Sommer 2023 berufen. Mehr noch: SYRIZA habe es nach Ansicht des Parteivorsitzenden geschafft, „moralisch zu bleiben“ und gleichzeitig den Abstand zur ND von 23 auf 13 Prozentpunkte zu verringern. Damit habe ihm die Bevölkerung des Landes die nötige Zeit gegeben, um einen „Regierungsvorschlag“ auszuarbeiten.
Politische Beobachter weisen angesichts der jüngsten Wahlergebnisse vor allem darauf hin, dass das extrem rechte politische Lager vor allem der ND zahlreiche Wähler ausspannen konnte. Etwa 4,9 % der bisherigen ND-Wähler schwenkten über zur Griechischen Lösung; 3,4 % kamen zur Stimme der Logik; 2,3 % zur Niki. Zur sozialistischen PASOK wanderten hingegen 4,6 % der ND-Leute ab, zu SYRIZA kamen 4 %.
Hingegen haben 6,3 % der früheren SYRIZA-Wähler der Neuen Linken ihre Stimme gegeben; 5,3 % gingen an die kommunistische KKE; 2,7 % an MeRA25 und 2,2 % an Plevsi Eleftherias. Die drittstärkste Parlamentskraft, die PASOK, konnte hingegen eher den anderen Parteien Stimmen abnehmen, als selbst an andere abzugeben. (Griechenland Zeitung / eh)