Scharf zurückgewiesen wurde vom griechischen Außenministerium am Dienstag (23.4.) ein jüngst veröffentlichter Bericht des US-State Departments über die Lage der Menschenrechte in Griechenland, der das Jahr 2023 betrifft.
Athen moniert, dass man darin „ohne weitere Hinterfragung Beschwerden von Nichtregierungsorganisationen“ übernommen habe. Eine unabhängige Kontrolle dazu sei nicht erfolgt. In diesem 46 Seiten umfassenden Bericht Washingtons ist von „grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen“ von „Gefängnisinsassen, Migranten und Asylbewerber durch Strafverfolgungsbehörden“ die Rede. Es würden sogar „Verbrechen von Gewalt gegen Angehörige nationaler, rassischer oder ethnischer Minderheitengruppen“ begangen. Auch ist von „Gewalt oder Androhung von Gewalt“ gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queere oder Intersexuelle die Rede.
Mangelnde Pressefreiheit
Ins Zentrum der Kritik aus Washington rückte außerdem die Pressefreiheit in Hellas. Lokale und internationale Agenturen wurden mit den Worten zitiert, dass Journalisten und Medien Druck verspürt hätten, wenn sie die Regierung kritisieren oder über Skandale berichten würden. Außerdem wird im Bericht erwähnt, dass Gesetze missbraucht würden, um Journalisten einzuschüchtern. In der Zusammenfassung des Berichts aus Washington heißt es wörtlich: „Im vergangenen Jahr gab es keine wesentlichen Veränderungen bei der Menschenrechtssituation in Griechenland.“ Bemängelt wird außerdem, dass Personen mit Behinderung „keinen angemessenen Zugang zu Bildung, Beschäftigung, öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln haben“, obwohl sie durch ein Antidiskriminierungsgesetz durchaus gleichberechtigt seien.
„Keine Verschwörungs-Theorien“
Der Bericht des US-State Departments bezieht sich u. a. auf einen Bericht des Europäischen Parlaments, in dem Vorwürfe wegen eines „Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit“ sowie wegen „systematischer Spionage durch staatliche Institutionen“ in Griechenland geäußert wurden.
Das griechische Außenministerium bemängelt angesichts dieser Veröffentlichung, dass die Meinung des Staates bei der Verfassung des Berichtes nicht eingeholt worden sei. Außerdem wurde erklärt, dass das US-State Department Fortschritte bei dem Schutz der Menschenrechte in Hellas zwar anerkenne, jedoch auch bereits erfolgte regulatorische Eingriffe übersehe. Die Verantwortlichen in Athen fassten zusammen, dass die „griechische Regierung weiterhin der Demokratie und dem Rechtsstaat dienen wird“.
Sorgen über die Lage des Rechtsstaates in Hellas macht man sich offenbar nicht nur in den USA, sondern auch bei der griechischen Opposition. Aus den Reihen des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) wurde darauf aufmerksam gemacht, dass auch weitere internationale Organisationen Sorgen über die Situation des Rechtsstaates in Griechenland verlauten ließen. SYRIZA-Chef Stefanos Kasselakis rief Premierminister Kyriakos Mitsotakis dazu auf, seine „Verschwörungs-Theorien“ bei Seite zu lassen; stattdessen soll er „selbst in den Spiegel sehen“. Dabei erinnerte er daran, dass in diesem Jahr in Griechenland das 50. Jubiläum seit der Wiederherstellung der Demokratie gefeiert werde. Er fragte sich, ob vielleicht heute etwas „schief“ laufe im Land, in dem die Demokratie geboren wurde. Aus den Reihen der sozialistischen PASOK wurde die Regierung dazu aufgefordert, sich nicht ständig nur als „Opfer“ darzustellen, sondern sich auf die Lösung der Probleme zu konzentrieren. Vor allem die Beschreibungen der Abhörskandale und der Probleme des Rechtstaates seien ein Schandfleck für das Land, so die Sozialisten. Ähnlich äußerte sich auch die rechtspopulistische Griechische Lösung. Hier war die Rede von einer „Ohrfeige des State Departments für den Rechtsstaat“.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)