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EU-Staatsanwaltschaft untersucht Ursachen für Zugunglück bei Tempi Tagesthema

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Unsere Archivfotos (© Eurokinissi) entstanden nach dem Zugunglück bei Tempi. Unsere Archivfotos (© Eurokinissi) entstanden nach dem Zugunglück bei Tempi.

Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) ist derzeit in Griechenland mit einem Fall beschäftigt, der die Signalanlagen der Griechischen Bahn betrifft. Mindestens 23 Personen stehen unter dem Verdacht, an einem Verbrechen mitgewirkt zu haben, das zu dem tödlichen Zugunfall in der Nähe des Tempi-Tals geführt hat. Am 28. Februar waren dort mindestens 57 Menschen ums Leben gekommen als zwei Züge ineinander rasten. Unter den Verdächtigen sind 18 Beamte.

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Nach dem Zugunglück

„Contract 717“
Konkret geht es um Verträge, die die Wiederherstellung von Fernverkehrskontroll- und Signalsystemen des Schienennetzes betrifft. Das Projekt wurde zu 85 Prozent von der EU finanziert. Zwei griechischen Beamten wird nun Subventionsbetrug und unlauterer Wettbewerb vorgeworfen. Der zugrunde liegende Vertrag – bekannt als „Contract 717“ – wurde im Jahr 2014 unterzeichnet und sollte ursprünglich bis 2016 realisiert worden sein. Betroffen ist von diesem Projekt die Strecke zwischen Athen, Thessaloniki und Promachonas. 2019 wurde ein Zusatzvertrag unterzeichnet, der ein komplett neues Signalsystem vorsah. Dieses sollte eine direkte Kommunikation zwischen Bahnstationen und Kontrollzentren erlauben. Die EPPO stieß auf deutliche Indizien für eine unsachgemäße Realisierung der genannten Verträge. Den bisherigen Hinweisen zufolge könnte man mittlerweile von „krimineller Verantwortung“ reden, heißt es in einer EPPO-Pressemitteilung.

Millionen-Schäden
Den Ermittlungen zufolge seien mindestens sieben rechtswidrige Erweiterungen des ursprünglichen Vertrags gewährt worden. „Aus diesem Grund konnte das Projekt neun Jahre nachdem der ‚Contract 717‘ unterzeichnet worden war, nicht abgeschlossen werden“, so die Einschätzung. Zusätzlich hätten mutmaßlich Angestellte der Tochtergesellschaft der Griechischen Bahn ERGOSE, die für das Management des Projektes verantwortlich gewesen seien, absichtlich falsche Informationen an ihre Vorgesetzten weitergegeben. Der EU und dem griechischen Staat seien durch das gesamte Verfahren Schäden in Höhe von rund 15,6 Millionen Euro entstanden. Sollten sich die Vorwürfe als stichhaltig erweisen, müssten die Angeklagten mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren rechnen, die obendrein mit Geldstrafen verbunden sein dürften. Die EPPO gilt als vollkommen unabhängige zentrale Behörde und führt die europäische und nationale Strafverfolgung zusammen. Sie hat in Griechenland ihre Ermittlungen über den „Contract 717“ bereits im November 2022 begonnen, also noch bevor sich Desaster bei Tempi ereignet hatte.

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Bei Tempi

Kritik der Opposition
Vor diesem Hintergrund stellt SYRIZA, die stärkste Oppositionspartei des Landes, fest, dass die Regierungspartei Nea Dimokratia den Fall vertuschen wolle. Auch die kommunistische KKE sieht einen Vertuschungs-Versuch. Sie ruft zu einer zügigen Wiederaufnahme des Falls durch eine parlamentarische Untersuchungskommission auf, die bereits nach dem Zugunglück bei Tempi ins Leben gerufen worden war. Seitens der Partei Plevsi Eleftherias wirft deren Vorsitzende Zoi Konstantopoulou dem Präsidenten dieser Kommission vor, den Unfall von Tempi lediglich als einen „Unfall“ und eine „Katastrophe“ zu umschreiben, statt von einer „kriminellen Tat“ zu sprechen. Außerdem erklärt Konstantopoulou, dass der Parlamentspräsident versucht habe, sie –sie eine gestandene Rechtsanwältin – aus der Untersuchungskommission zu entfernen und durch eine andere Person zu ersetzen. Außerdem sollen vor etwa zwei Wochen Unbekannte in die Parlamentsbüros der Partei eingebrochen sein, wo sich auch die Unterlagen über den Fall Tempi befinden. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)

 

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