„Das Gefühl der Solidarität in schwierigen Zeiten bringt die Völker zusammen.“ Mit diesen Wörtern hat Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou am Donnerstag (7.12.) ihren türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan empfangen. Dieser hatte vor etwa sechs Jahren zum letzten Mal Athen einen offiziellen Besuch abgestattet; in der Zwischenzeit sind die bilateralen Beziehungen teilweise abgedriftet – die beiden Länder standen zeitweise beinahe auf der Schwelle eines Krieges in der Ägäis. Sakellaropoulou fügte hinzu, es sei jetzt notwendiger denn je, dass Athen und Ankara miteinander kooperieren, um den Wohlstand in der Region zu stärken und den Frieden zu bewahren. Erdogan sprach seinerseits von einer Chance für einen Neustart der griechisch-türkischen Beziehungen. Er ergänzte, dass es besser sei „das Glas halbvoll zu sehen“.
Anlass für seinen Besuch war der fünfte höchste Kooperationsrates zwischen Griechenland und der Türkei. Dessen Ziel ist es, dass mindestens 15 Vereinbarungen auf Ministerial- und institutioneller Ebene unterzeichnet werden.
Begleitet wurde Erdogan von einer großen Delegation, die aus knapp 100 Personen bestand. Darunter waren auch viele Minister, die in Athen Begegnungen mit ihren Amtskollegen hatten.
„Auf dem Weg des Friedens“
Der Besucher aus Ankara bezeichnete den Kooperationsrat als den „Beginn einer neuen Ära“. Ziel sei es u. a., den bilateralen Handel von derzeit 5,5 Milliarden Dollar auf 10 Milliarden Dollar zu erhöhen, sagte er im Gespräch mit Sakellaropoulou.
Anschließend folgte ein Treffen zwischen Erdogan und dem griechischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis. Letzterer stellte fest, dass sich beide Staaten „seit mehreren Monaten auf einem Weg des Friedens“ befänden. Der Gast aus Ankara fügte hinzu, dass es „unter Brüdern, kein Thema gibt“, das man nicht lösen könne.
Mitsotakis sprach u. a. die Lösung der Zypernfrage an; die Verhandlungen müssten auf dem Stand von 2017 fortgesetzt werden. Erdogan sprach seinerseits von einer türkischen Minderheit in Westthrakien. Der griechische Premier stellte daraufhin diplomatisch klar, dass es sich um ein gutes Beispiel der harmonischen Koexistenz zwischen Christen und Muslimen handle. – Griechenland erkennt nur eine religiöse muslimische Minderheit an, die sich aus türkischstämmigen Griechen, Roma und Pomaken zusammensetzt. Als nächstes wolle man auch die Festlegung der Ausschließlichen Wirtschaftszone in der Ägäis besprechen, stellte Mitsotakis fest.
Dolmadakia, Fisch und Chalwas
Für die Hauptstädter war der Erdogan-Besuch in erster Linie mit einigen Einschränkungen verbunden. Aus Sicherheitsgründen hatte man zentrale Verkehrsadern und U-Bahnstationen gesperrt. Außerdem war ein generelles Kundgebungsverbot ausgesprochen worden. Für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung sorgten knapp 4.000 Polizisten.
Ein Höhepunkt des Besuches der türkischen Delegation in Athen war ein gemeinsames Essen. Es wurden Speisen serviert, die auf beiden Seiten der Ägäis sehr beliebt sind: etwa Dolmadakia, frischer Fisch und Chalvas.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)