Das politische Klima zwischen Griechenland und der Türkei steht plötzlich unter einem guten Stern. Ein offensichtlicher Kurswechsel Ankaras ist nach der von Griechenland verfolgten „Erdbebendiplomatie“ unverkennbar.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan übermittelte dem griechischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis zum Nationalfeiertag, der am Samstag (25.3.) gefeiert wurde, beste Glückwünsche. Der Anrufer zeigte sich davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit zwischen beiden Völkern noch weiter ausgebaut werden könne. Dazu könnten die Bemühungen beider Seiten in der näheren Zukunft beitragen. Ähnliche gute Vorsätze deponierte auch Ankaras Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu gegenüber seinem griechischen Amtskollegen Nikos Dendias, dem er ebenfalls zum Nationalfeiertag gratulierte. Schon allein damit ist Ankara in gewisser Weise über seinen Schatten gesprungen; Griechenland feiert am 25. März den Beginn der Revolution gegen die Fremdherrschaft der Osmanen. Der langjährige Unabhängigkeitskrieg, der damals begann, mündete schließlich 1828 in die Gründung des neugriechischen Staates. Entsprechend anerkennend bewertet man in Hellas die jüngsten türkischen Bemühungen. Dendias zeigte sich in einem Interview gegenüber der Zeitung „Proto Thema“ (Erstes Thema), das in der Ausgabe vom Samstag (25.3.) veröffentlicht wurde, außerordentlich zufrieden über die freundlichen Töne aus Ankara. Er stellte fest: „Griechenland hat absolut die Verpflichtung, durch die ‚Tür‘ zu gehen, die die Türkei geöffnet hat.“ Man müsse die Politik des Dialogs verfolgen. „Die Parameter des türkischen Verhaltens uns gegenüber haben sich geändert.“ Es gebe keine Luftraumverletzungen mehr, griechische Inseln würden nicht mehr von türkischen Kampfflugzeugen überflogen, es gebe keine „toxischen Wortmeldungen“, keine verbale Aggressivität und keine Androhung von Gewalt. Griechenland, so stellte der Chefdiplomat klar, habe stets „den Dialog unter genau diesen Bedingungen“ angestrebt.
Den ersten Schritt in Richtung Entspannung war freilich Athen gegangen. Dort hatte man noch am ersten Tag nach den schweren Erdbeben tatkräftige Hilfe in das Nachbarland geschickt. Auch die politische Führung in Athen verhielt sich solidarisch und telefonierte umgehend mit ihren Amtskollegen, um weitere Hilfe anzubieten und um ihr Beileid für die vielen Todesopfer zu übermitteln. Andererseits griff man auch in Ankara ohne zu zögern zum Telefonhörer, als sich am 28. Februar ein schweres Zugunglück in Griechenland ereignete, das 57 Menschenleben forderte. Man kondolierte und bot gleichzeitig ebenfalls direkte Hilfe an. (Griechenland Zeitung / Jan Hübel)