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Die orthodoxe Kirche predigt gegen Abtreibungen Tagesthema

Unser Archivbild (© Eurokinissi) zeigt eine Prozession auf Rhodos. Unser Archivbild (© Eurokinissi) zeigt eine Prozession auf Rhodos.

Die orthodoxe Kirche Griechenlands wird am kommenden Donnerstag (8.9.) in der Abtreibungsfrage intervenieren. Anlass für einen Sonderferman sind die Feiern zum Geburtstag Mariä. Zur Erläuterung für die Popen hat das oberste Kirchenorgan, der Heilige Synod, flächendeckend eine Kurzpredigt zur Verlesung an die Gottesmänner verschickt. Darin geht es um den „Schutz des menschlichen Lebens und die Vermeidung von Abtreibungen.“


Seine Position in dieser Angelegenheit hatte der Klerus zuletzt Anfang 2020 formuliert. Damals hieß es in einem Beschluss: „Auf Grundlage der Heiligen Schrift und der Traditionen der Orthodoxen Kirche Christi vertritt er (der Synod; Anm. d. Red.) seine theologische Position, dass der Embryo vom Moment seiner Empfängnis an vollständig und umfassend Mensch ist und erachtet deswegen die freiwillige Abtreibung als Mord und akzeptiert sie nicht.“
Ein eindeutiges Zeichen für extremistische Positionen innerhalb der orthodoxen Geistlichkeit setzte der Metropolit von Dodoni, Chryssostomos, übersetzt: „Goldmund“. Im Vorfeld des Aktionstages am 8. September meinte er in einem Interview für den privaten TV-Sender Skai, dass der Heilige Synod „auf die Gesellschaft hört“. Seine Schlussfolgerung aus dieser Sensibilität für die Stimmungslage des Volkes: Die Abtreibung sei „ein Verbrechen“, und man könne „die Tötung eines Säuglings nicht zulassen“. Für Fälle ernsthafter gesundheitlicher Probleme bei einem Fötus bestehe, so Chryssostomos, die Möglichkeit, von der Kirche die Erlaubnis zur Durchführung einer Abtreibung einzuholen.
Mehr als abstrus und fast schon menschenverachtend hörten sich seine Äußerungen über weibliche Vergewaltigungsopfer an, denen er sogar eine gewisse Mitschuld unterstellte: „Keine Frau hält still und wird vergewaltigt, wenn das gegen ihren Willen geschieht.“ Trotz der Proteste der anwesenden Journalisten gegen dieses Statement goss der Kirchenmann weiter Öl ins Feuer. Seine „Theorie“: Eine Frau müsse bei einer Vergewaltigung mitwirken, um schwanger zu werden. Im pseudowissenschaftlichen Kosmos des Bischofs komme allein als Folge einer Vergewaltigung keine Empfängnis zustande.
Die Äußerungen von Chryssostomos waren denn auch der offiziellen orthodoxen Kirche zu viel. In einer Aussendung vom Samstag (3.9.) hält sie fest: Die Äußerungen des Metropoliten gäben nicht die offizielle Haltung der Kirche wider, sie seien „inakzeptabel“ – gerade für einen orthodoxen Geistlichen – und gleichzeitig absolut entwürdigend für den Menschen und insbesondere für Frauen und Vergewaltigungsopfer. Derartige Positionen, heißt es weiter, würden die substantiellen Initiativen und die stille Arbeit der Kirche von Griechenland in diesem Bereich in den Schmutz ziehen.
Wie sehr die Meinungen in dieser Frage in Hellas generell auseinanderdriften, zeigen nicht zuletzt Umfragen der vergangenen Jahre. Ein erklecklicher Teil der Bevölkerung geht mit den Interpretationen der Kirche konform. Mehr als ein Viertel der Griechinnen und Griechen plädiert dafür, dass Abtreibung immer als illegal eingestuft werden soll, wenn das Leben der Frau nicht gefährdet ist. In einem einschlägigen Barometer des Magazins Athens Voice aus dem Jahr 2020 vertritt sogar mehr als ein Drittel (37 Prozent) diese Auffassung. Immerhin erkennen 63 Prozent das Recht auf Abtreibung für die Frauen an. Gleichzeitig fördert diese Umfrage enorme regionale Unterschiede zutage. In Thessaloniki lehnen 59 Prozent die Abtreibung ab, in der Großstadtregion Attika fällt dieser Wert auf 29 Prozent.
Dass man in dieser Diskussion in Hellas insgesamt recht weit von gemeinsamen Nennern entfernt ist, belegen Daten, die völlig unterschiedliche Realitäten zu vermitteln scheinen. Die griechische Statistikbehörde ELSTAT gab zuletzt die Summe der jährlichen Abtreibungen offiziell mit knapp 2.000 an. Andere Experten beziffern sie auf 20.000. Und danach überbieten sich Fachmänner und -frauen beinahe: Mal ist von 100.000 pro Jahr, mal von 150.000 die Rede. Und einer positioniert Hellas gleich an der Spitze Europas: „Griechenland hat mit etwa 250.000 pro Jahr die höchste Abtreibungsrate in Europa und die drittgrößte der Welt“, zitierte die angesehene Tageszeitung „Kathimerini“ den Präsidenten der Griechischen Gesellschaft für Perinatalmedizin (EEPI), Georgios Daskalakis.
(Griechenland Zeitung / Robert Stadler)

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