Nordgriechenland und speziell Thessaloniki haben sich in den vergangenen Tagen zu einem nationalen „Multiplikator“ für die Ausbreitung des Coronavirus entwickelt. Wie ernst die Lage ist, zeigt ein Besuch von Gesundheitsminister Vassilis Kikilias am Donnerstag in der Metropole am Thermaischen Golf.
Er appellierte dabei an die Ärzteschaft Nordgriechenlands, das staatliche Gesundheitssystem (ESY) mit allen Kräften zu unterstützen und kündigte die Einrichtung weiterer 50 Intensivbetten in der Region an. Die Auslastung der für Covid-Patienten vorgesehenen Intensivbetten bewegt sich in Thessaloniki bei 89 Prozent; landesweit liegt dieser Wert bei etwa 65 Prozent. In einem Interview mit dem privaten TV-Sender Skai machte Kikilias für die jüngsten Entwicklungen indirekt einem Teil der Bevölkerung Vorwürfe: Einige, so der Minister, hätten den in Thessaloniki bereits seit Anfang November geltenden Teil-Lockdown nicht ernst genug genommen.
In dasselbe Horn wie Kikilias stieß auch der Präsident des Griechischen Ärzteverbandes Athanassios Exadaktylos. Er rief seine Kollegen ebenfalls dazu auf, Gewehr bei Fuß zu stehen und warnte davor, dass sich in Thessaloniki bald Szenen abspielen könnten, wie man sie bei der ersten Welle der Pandemie in Norditalien zu sehen bekommen habe. „Die Lage ist äußerst ernst“, betonte Exadaktylos, und fügte hinzu: „Ich appelliere an die Bewohner Thessalonikis, das Haus nur aus absolut dringenden Gründen zu verlassen.“
Bei den Experten schlugen angesichts der jüngsten Zahlen die Alarmglocken: Von den am Donnerstag landesweit 3.316 positiv mit Covid-19 Getesteten entfielen 828 auf Thessaloniki. Das entspricht etwa einem Viertel der Gesamtsumme. Zum Vergleich: In der nordgriechischen Metropole ist nur etwa ein Zehntel der Bevölkerung Griechenlands beheimatet. Als weiteren Gefahrenherd nannte die Gesundheitsbehörde EODY auch die Stadt Pella mit fast 200 Neuinfektionen (12.11.).
In ganz Griechenland stehen derzeit 1.082 Intensivbetten zur Verfügung, 496 sind für Covid-Patienten reserviert – davon sind 310 belegt; 586 Betten sind für andere Notfälle vorgesehen.
(Griechenland Zeitung / rs)