Um die von der „Troika" der internationalen Geldgeber geforderte
Maßnahme der Arbeitsreserve rechtzeitige in die Tat umzusetzen,
wird der zeitliche Spielraum immer knapper. Bis Ende September
sollen 12.500 Staatsdiener in diese Arbeits- oder auch
Mobilitätsreserve geschickt werden. In insgesamt elf Ministerien
sollen dadurch etwa 2.000 Arbeitsplätze wegrationalisiert
werden.
Unmittelbar davon betroffen sind zudem insgesamt 4.300 Schulwächter
und Lehrer technischer Richtungen sowie 1.700 Angestellte im
Gesundheitsministerium, 3.000 Gemeindepolizisten und 1.700
Angestellte an griechischen Universitäten und technischen
Hochschulen.
Scheitern ist keine Alternative
Die Maßnahme
der Arbeitsreserve sieht vor, dass die betroffenen Staatsdiener in
den kommenden acht Monaten auf einen anderen Posten im öffentlichen
Dienst versetzt werden. Im Zwischenzeitraum werden sie weiterhin
einen Großteil ihres bisherigen Gehaltes bekommen. Sollten sie
jedoch bis Ablauf dieser Frist keine neue Arbeit im staatlichen
Sektor finden, würden sie entlassen. Vom Erfolg der
Mobilitätsreserve hängt ab, ob Athen im Oktober eine weitere
Kreditrate seitens der Troika erhalten wird. Scheitert die
Durchsetzung, sind weitere harte Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen
für die griechische Bevölkerung nicht auszuschließen. Die
griechische Regierung versicherte in den vergangenen Monaten und
Wochen, dass es nicht so weit kommen werde. Beobachter sind zudem
der Ansicht, dass die ohnehin wacklige Regierungsmehrheit ein
weiteres Sparszenarium nicht verkraften würde.
Mehrere Minister der beiden Regierungsparteien Nea Dimokratia (ND)
und PASOK haben bereits im Vorfeld angekündigt, dass sie im
Parlament keine weiteren Maßnahmen durchbringen werden. Auch ein
Scheitern der Regierung bei der Umsetzung der geplanten
Arbeitsreserve könnte unter Umständen die Durchführung von
vorerlegten Parlamentswahlen bedeuten.
Echter Reformwille ist gefragt
Vor allem die
Gewerkschafter melden massiven Widerstand in Form von
Streiks und Demonstrationen an. Die Regierung wirft der größten
Oppositionspartei des Landes, dem Bündnis der Radikalen Linken
(SYRIZA), Rückendeckung bei den Streiks vor. Nun weigern sich auch
die Rektoren von Universität, Listen mit dem zu versetzenden
Personal zu erstellen bzw. abzugeben. Sämtliche Universitäten
bleiben mitten in der jetzigen Immatrikulationszeit geschlossen.
Auch Verantwortliche im Gesundheitsministerium weigern sich,
anzugeben, auf welche neuen Posten das betroffene Personal versetzt
werden könnte. Gesundheitsminister Adonis Georgiadis droht nun mit
direkten Entlassungen. Die wäre eine Alternative, die er bisher
entschlossen dementiert hatte. Der Minister für
Verwaltungsreformen, Kyriakos Mitsotakis, bezeichnete die
Arbeitsreserve am Donnerstag in einem Fernsehinterview als ein
„nützliches Werkzeug für die Verwaltung".
Doch die Durchsetzung dieser Maßnahmen verlangt angesichts der
angespannten Lage äußerstes politisches Fingerspitzengefühl – und
wohl auch etwas mehr Zeit. Vor allem müssen die Fähigkeiten und
Qualifikationen des betroffenen Personals genauer unter die Lupe
genommen werden. Zudem muss klar niedergeschrieben werden, welche
der Beamten keine klaren Aufgabengebiete haben, weil sie etwa durch
das Klientelsystem bzw. auf Druck von Parteien und einflussreichen
Politikern eingestellt wurden.
(Griechenland Zeitung / eh)