Sozialisten sind prominent im Kabinett vertreten
Das Kabinett II unter Samaras hebt sich vor von seinem Vorgänger vor allem dadurch ab, dass die frühere Volkspartei PASOK aktiv mit prominenten Funktionären in der Regierungsmannschaft vertreten ist. Der PASOK-Vorsitzende Evangelos Venizelos übernimmt in Personalunion das Amt des stellvertretenden Regierungschefs und des Außenministers. Elf weitere Sozialisten werden ebenfalls Regierungsverantwortung übernehmen. Ursprünglich hatte die PASOK sechs der insgesamt 19 Ministerien gefordert, musste sich schlussendlich aber mit vier zufriedengeben. Zur Erinnerung: Bei den letzten Parlamentswahlen vor einem Jahr lag ihr Stimmanteil bei 12,28 Prozent, jener der ND bei 29,66 Prozent.
Heiße Kohlen aus dem Feuer holen
Nur wenige Ministerien blieben personell unverändert, etwa die Ministerien für Finanzen, Arbeit, Tourismus, Öffentliche Ordnung und Makedonien-Thrakien. Vor dem neuen Kabinett liegen gewaltige Aufgaben, die von einer wirklichen Koalition wohl besser zu lösen sind, als von einer Einparteienregierung. Dazu zählt vor allem die Durchführung von Reformen. Dafür unmittelbar verantwortlich zeichnet künftig Kyriakos Mitsotakis (ND), Sohn des ND-Ehrenvorsitzenden Konstantinos Mitsotakis. Der Kreter soll nun als Minister für die Reformierung der Öffentlichen Verwaltung heiße Kohlen aus dem Feuer holen, vor allem was die Reduzierung der Beamten betrifft, die die internationalen Geldgeber (Troika) fordern. Der ehemals der rechtspopulistischen Orthodoxen Volksammlung (LAOS) angehörende Adonis Georgiadis hat ebenfalls keine leichte Aufgabe. Als neuer Gesundheitsminister sieht er sich u. a. bei der Allgemeinen Versicherungskasse EOPYY mit einem Finanzloch von einer Milliarde Euro für das laufende Jahr konfrontiert.
Journalist für Radio- und Fernsehen zuständig
Staatssekretär für den Öffentlichen Rundfunk – ein bisher nicht
vorgesehener Posten, der erst im Zuge der ERT-Auflösung notwendig
geworden ist – wurde der Journalist Pantelis Kampsis. Er soll nun
den neuen staatlichen Sender NERIT aus der Taufe heben. In einer
ersten Stellungnahme meinte er, dass die ehemaligen
ERT-Angestellten „Teil der Lösung“ sein müssten.
Es ist das erste Mal in der Geschichte des griechischen Staates
seit 1974, dass die ehemals „verfeindeten“ politischen Lager der
Konservativen und der Sozialisten eine gemeinsame Regierung bilden.
Sie haben nun gemeinsam die Aufgabe übernommen, das Land aus der
Krise zu führen. Schließlich tragen beide Parteien, die das Land
abwechselnd über fast vier Jahrzehnte regierten, für die jetzige
Lage einen Großteil der Verantwortung. Sie werden jetzt vor allem
den Internationalen Geldgebern (Troika) beweisen müssen, dass es
ihnen mit den anstehenden Reformen ernst ist. Dass einige neue,
unverbrauchte Politiker auf wichtige Positionen des neuen Kabinetts
gesetzt wurden, ist ein gutes Zeichen. Andererseits wird von den
Märkten und den Partnern wohl auch positiv registriert werden, dass
es keine personellen Veränderungen im Finanzministerium gibt; dort
hat Jannis Stournaras, der sich im letzten Jahr international einen
guten Ruf erarbeitet hat, weiterhin das Sagen.
Wenn das neue Kabinett keine Zeit verliert und vom ersten Tag an
Entschlossenheit demonstriert, könnten sich nach der
Regierungskrise Ende der vorigen Woche durch das Ausscheiden der
DIMAR neue Perspektiven für das Land ergeben.
Opposition kritisiert Koalitions-Kabinett
Auf die Regierungsumbildung vom Montag haben alle
Oppositionsparteien naturgemäß kritisch reagiert. Vor allem machten
sie auf die bisher „erfolglose Memorandums-Politik“ aufmerksam. Die
größte Oppositionspartei im griechischen Parlament, das Bündnis der
Radikalen Linken (SYRIZA), sieht eine weitere Zuspitzung der Spar-
und Reformpolitik voraus. Die neue Regierung sei bereits jetzt im
Absturz. Die Regierungsumbildung sei lediglich der „Anfang vom
Ende“.
Der Vorsitzende der rechtspopulistischen „Unabhängige Griechen“
Panos Kammenos erklärte, dass die internationalen Geldgeber
(Troika) in Wirklichkeit die Macht über die Minister und den
Ministerrat hätten. Kammenos machte auch auf die Tatsache
aufmerksam, dass die sozialistische PASOK, die in jüngsten
Meinungsumfragen nur mehr etwa 4 % der Wählerstimmen erhält, nun
Koalitionspartner der Regierung Samaras geworden
sei.
Die kommunistische Partei (KKE) rief ihrerseits das griechische
Volk dazu auf, keiner Regierung zu vertrauen und Widerstand zu
leisten. Die faschistische Chryssi Avgi gipfelte in den Worten:
„Die ND übergibt der sündenhaften PASOK die Schlüssel des
Landes.“
Reibungen innerhalb der PASOK
Im Inneren der PASOK stieß die Entscheidung, sich mit der
konservativen Nea Dimokratia zu einer Koalitionsregierung zusammen
zu schließen, auf heftige Kritik. Der Flügel der „Linken
Initiative“ der PASOK zieht nach den jüngsten Entwicklungen in
Betracht, aus der Partei auszutreten. Die Entscheidung des
Parteivorsitzenden Evangelos Venizelos, gemeinsam mit der
konservativen Nea Dimokratia (ND) von Ministerpräsident Antonis
Samaras zu regieren, verletze Entscheidungen, die auf der letzten
Konferenz der PASOK getroffen wurden, moniert die „Linke
Initiative“. Das Mitglied des Politischen Rates der PASOK Michalis
Karchimakis fragte sich bereits, worin sich die PASOK nun noch „von
den Rechten“ unterscheide.
Unterdessen hat der Vorsitzende der Demokratischen Linken (DIMAR)
Fotis Kouvelis, der bis Donnerstag voriger Woche noch die damalige
Dreiparteienregierung unter Samaras mitgetragen hat, erklärt, dass
seine Partei die europäische Zukunft Griechenlands unterstützen
werde. Er verteidigte auch die Durchführung weiterer Reformen.
Andere Mitglieder der DIMAR stellten fest, dass man im Parlament
Gesetzesnovellen, die man für richtig halte, unterstützen werde.
(Text: Griechenland Zeitung eh/sr, Foto: Eurokinissi.
Die Aufnahme zeigt Samaras, r., mit seinem neuen
Vize-Regierungschef Venizelos)