Regierungssprecher Simos Kedikoglou kommentierte die Entscheidung der Linksallianz mit den Worten, dass es sich um eine „völlige Nivellierung der elementaren Gesetze" handle. Die PASOK, die zusammen mit der konservativen Nea Dimokratia (ND) und den Demokratischen Linken (DIMAR) die Regierung trägt, stellte fest, dass Syriza das Ziel verfolge, die „Regierung zu destabilisieren". Jorgos Papakonstantinou, ehemals Finanzminister der PASOK, steht unter dem Verdacht, die „Lagarde-" oder „Falciani-Liste" manipuliert zu haben. Darin aufgeführt sind über 2000 Griechen, die Konten bei einer Filiale der Bank HSBC in Genf besitzen. Drei Verwandte des Ex-Ministers wurden offenbar von dieser Liste gelöscht. Darunter ist auch Eleni Papakonstantinou, Cousine des früheren Finanzministers. Sie trat am Mittwoch von ihrer Funktion im Expertenrat der 2011 gegründeten Taiped AG zurück. Dieses Unternehmen spielt eine Schlüsselrolle bei den von der Regierung ins Auge gefassten Privatisierungen öffentlichen Eigentums. Vor wenigen Tagen hatte auch der frühere PASOK-Verteidigungsminister Jannos Papantoniou zugegeben, dass seine Frau über 1 Mio. Euro in der Schweiz besaß. Auch ihr Namen war auf der Liste vermerkt. Das Geld stamme vom geschiedenen Gatten seiner jetzigen Frau, so sagte er. Er selbst habe davon nichts gewusst und deshalb auch in seiner Vermögenserklärung nichts angeben können.
Heiße Debatte erwartet
Um endlich Licht in
den Umgang mit der Daten-CD zu bringen, haben am Montag Abgeordnete
der drei Regierungsparteien (ND, PASOK und DIMAR) im Parlament die
Einberufung eines Untersuchungsausschusses beantragt. Die
Abstimmung soll Mitte Januar erfolgen. Benötigt werden 151 der
insgesamt 300 Mandate.
Beobachter rechnen mit einer heftigen Parlamentsdebatte. Alle
Parteien sind sich zwar darin einig, dass Licht in das Verschwinden
der Liste gebracht werden muss. Doch die größte Oppositionspartei
des Landes, das radikale Linksbündnis SYRIZA, hat das Ziel, die
Nachforschungen auch auf PASOK-Chef Evangelos Venizelos
auszudehnen.
Aufklärungsbedarf gibt es nach Ansicht des Linksbündnisses nicht
nur bezüglich der Manipulationsvorwürfe, sondern auch hinsichtlich
der Nicht-Nutzung des Datenträgers. Die Steuerfahndung hätte, wenn
die CD eingesetzt worden wäre, eventuell beträchtliche Summen
erwirtschaften können, die an der Steuer vorbeigeschleust und in
der Schweiz in Sicherheit gebracht wurden, vermutet die
Linksfraktion. Ähnlicher Meinung sind auch die anderen
Oppositionsparteien, die einen entsprechenden Antrag von SYRIZA
unterstützen könnten.
Ex-Minister sieht „Kabale"
Ex-Finanzminister
Papakonstantinou empfindet sich eher als Prügelknabe und spricht
von einer Kabale. Zu seinen Lasten werde versucht, einen Schuldigen
zu konstruieren. Es sei sehr bequem für alle Verantwortlichen, wenn
man sich in diesem Fall auf einen einzigen Namen konzentriere,
sagte er in einem Interview mit der Zeitung „To Ethnos".
Unglaubwürdig ist er in der Öffentlichkeit aber vor allem, weil er
die Frage, wo der ursprüngliche Datenträger gelandet ist, nicht
beantworten kann. Er habe sie einem Mitarbeiter übergeben, erklärt
er etwas vage, an wen, das wisse er nicht mehr.
Nachdem die Liste zwei Jahre verschwunden war, brachte sie im
Oktober sein Nachfolger Venizelos in Form eines USB-Sticks wieder
zum Vorschein. Im Vergleich zu der kurz vor Weihnachten noch einmal
aus Frankreich nachgereichten „Original"-CD fehlen darauf
ausgerechnet die drei Verwandten Papakonstantinous: Cousine Eleni,
deren Ehemann und der Ehemann einer weiteren Cousine.
Der frühere griechische Kassenwart verteidigt sich u. a. damit,
dass die Daten über 18 Monate „in anderen Händen" gewesen seien. In
dieser Zeit hätten sie bequem manipuliert werden können, was man
auch als Seitenhieb auf dessen Amtsnachfolger Venizelos verstehen
kann.
Regierung gefährdet
Angesichts fehlender
Argumente stehen die Karten für Papakonstantinou nicht gut. Seitens
der drei Regierungsparteien wird nicht ausgeschlossen, dass er auch
im Sinne des allgemeinen Strafrechtes zur Verantwortung gezogen
werden könnte, weil er eventuell Steuer-Flüchtlinge geschützt
habe.
Zunächst einmal wurde er am Freitag aus der PASOK ausgeschlossen.
Ob das reicht, um den Schaden zu begrenzen, ist fraglich. Als
erster Finanzminister, der angesichts der Finanz- und
Wirtschaftskrise harte Sparmaßnahmen umsetzen musste, hat sich der
51-Jährige bei vielen griechischen Bürgern nicht beliebt gemacht.
Sollte er tatsächlich an der Manipulation der Lagarde-Liste
beteiligt gewesen sein, würde dies die vorherrschende negative
Meinung vieler Griechen über das politische System in ihrem Lande
bekräftigen. Vielleicht aber könnte auch Venizelos, der mit seiner
PASOK in der Koalitionsregierung vertreten ist, in den Strudel der
Manipulationsvorwürfe geraten. Damit könnte die gesamte Regierung
ins Straucheln kommen. (Griechenland Zeitung / eh, Foto:
Eurokinissi)