Großkundgebungen im ganzen Land
Parallel zum
Streik werden am Dienstag und Mittwoch in vielen Landesteilen
Großdemonstrationen durchgeführt. Die GSEE und die ADEDY rufen für
Dienstag um 11.00 Uhr zu einer Kundgebung am Athener Pedion tou
Areos-Platz, nahe des Archäologischen Nationalmuseums, auf.
Ebenfalls am Dienstag führt die der kommunistischen Partei nahe
stehende Gewerkschaft PAME um 10.30 Uhr eine separate Kundgebung am
Omonia-Platz durch. Am Mittwoch treffen sich die kommunistischen
Gewerkschafter um 17.00 Uhr erneut am Omonia-Platz. Ähnliche
Demonstrationen finden auch in Thessaloniki, Volos, Ioannina,
Heraklion und Patras statt. Der Höhepunkt der Proteste soll am
Mittwoch ab 17.00 Uhr vor dem Parlament in Athen stattfinden,
während dort das Paket verabschiedet werden soll.
Alle Räder stehen still …
Von heute bis
Mittwoch werden Krankenhäuser sowie der Rettungsdienst (EKAV) nur
mit Notfallpersonal betrieben. Davon betroffen sind auch
Behandlungszentren für chronische Krankheiten. Düster sieht es auch
für Reisende aus. Am Dienstag und Mittwoch beteiligt sich die
Seemannsgewerkschaft PNO am Streik: Schiffe bleiben ganztägig in
den griechischen Häfen vor Anker. Am Dienstag könnte es zu
Verzögerungen im Flugverkehr kommen: Die Fluglotsen legen dann am
10.00 Uhr für drei Stunden ihre Arbeit nieder. Auch Zugfahrer
müssen am 6. und 7. November auf eine Reise verzichten. Die
Angestellten der staatlichen Zuggesellschaft OSE beteiligen sich am
Generalstreik der ADEDY. Wer als Alternative ein Taxi in Anspruch
nehmen wollte, muss passen: Auch die Taxifahrer legen seit 5.00 Uhr
Montagmorgen bis 5.00 Uhr Mittwochmorgen ihre Arbeit nieder. Und
auch im Athener Nahverkehr dreht sich so gut wie kein Rad mehr. Die
Angestellten der Athener U-Bahn (Attiko-Metro), der Elektrobahn
ISAP und der Straßenbahn (Tram) legen heute und morgen ihre Arbeit
nieder. Athener die heute zur Arbeit gehen wollten, mussten nach
Alternativen Ausschau halten; die verkehrenden Busse waren aus
diesem Grund maßlos überfüllt. Am Dienstag fällt auch diese
Möglichkeit aus: Morgen und Übermorgen wird auch bei den blauen
Stadtbussen und den Oberleitungsbussen auf die Bremse getreten. Es
ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Angestellten der Athener
Nahverkehrsmittel am Dienstag für einige Stunden teilweise doch
verkehren könnten, um den Zugang der Demonstranten ins Zentrum zu
ermöglichen. Nicht verkehren wird am Dienstag und Mittwoch auch die
Vorortbahn Proastiakos. Diese spielt u.a. als Zubringer zum
Internationalen Athener Flughafen „Eleftherios Venizelos“ eine
wichtige Rolle.
Gestreikt wird auch in der nordgriechischen Metropole Thessaloniki,
wo die Mitarbeiter der Stadtbusse (OASTH) am Dienstag und Mittwoch
ebenfalls ihre Arbeit niederlegen.
Stromgewerkschaft droht mit Blackout
Dem
landesweiten Streik schließen sich am Dienstag und Mittwoch auch
die Bankangestellten und die Mitarbeiter der Post (ELTA) an.
Ebenfalls betroffen sind die Gerichtssäle des Landes. Die
Staatsanwälte streiken bereits seit Tagen und wollen ihre Proteste
noch bis zum 18. November fortsetzen. Sie arbeiten lediglich bis
10.00 Uhr morgens. Zudem legen die Rechtsanwälte ab Mittwoch bis
einschließlich Freitag ihre Arbeit nieder. Die Gewerkschaft der
staatlichen Stromgesellschaft DEI droht mit einem Blackout und
beginnt ab heute Abend eine 48-stündige Arbeitsniederlegung. Auch
Journalisten werden heute ganztägig nicht zur Arbeit erscheinen.
Aus diesem Grund werden für den Dienstag keine Zeitungen gedruckt:
Nachrichten in Fernsehen und Radio fallen aus.
Weil die Kommunalangestellten Besetzungen von Rathäusern,
Müllhalden und Fuhrparks durchführen, kann u.a. auch der Müll in
der Hauptstadt und eventuell auch in anderen Städten nicht entsorgt
werden.
Im Eilverfahren durch das Parlament
Das
Sparpaket wird in einem Einverfahren bereits am heutigen Montag dem
Parlament übergeben. Darin beinhaltet sind 151 Maßnahmen, die
insgesamt einen Umfang von 17 Mrd. Euro erreichen sollen. Darunter
sind auch Maßnahmen, die längst durchgesetzt sein müssten. Außer
finanziellen Regelungen geht es auch um Strukturreformen,
durch die die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands gestärkt werden
soll. Vorgesehen ist u.a. die Aushebelung des Rahmentarifvertrages.
Auch Familienzulagen sollen nicht mehr gezahlt werden. Verkürzt
wird die Warnzeit im Falle einer Entlassung von bisher sechs auf
vier Montate.
Eingespart werden soll vor allem bei den Renten: Im kommenden Jahr
5 Mrd. Euro. Dazu zählt auch die Erhöhnung des Rentenalters von
bisher 65 auf 67 Jahre. Die Angestellten in den staatlichen
Betrieben DEKO sollen demnächst die gleichen Gehälter wie die
übrigen Staatsdiener erhalten. Dies ist eine Maßnahme, die
eigentlich längst hätte durchgesetzt werden müssen, weil sie
bereits wesentlich früher vereinbart worden war. Beobachter meinen,
dass dies nur ein Beispiel für die ungerechte Verteilung der
beschlossenen Maßnahmen ist. Das bisherige politische System wurde
auf dem System des Klientelismus aufgebaut. Viele Politiker haben
Stimmen von kompletten Großfamilien ergattert, indem sie
Arbeitsplätze für ein oder mehrere Familienmitglieder schufen. Die
meisten von ihren wurden in der Kommunalverwaltung, in den
DEKO-Betrieben oder in anderen Stellen des öffentlichen Dienstes
untergebracht, wo zum Teil objektiv kein Bedarf an weiteren
Arbeitskräften bestand. (Griechenland Zeitung / eh, Foto:
Euroknissi. Das Foto zeigt protestierende Journalisten vor dem
Gebäude des staatlichen Rundfunks und Fernsehens, ERT, in
Athen.)