In Griechenland stehen zahlreiche Schulen unter Besetzungen. Vor allem in Nordgriechenland protestieren Schüler damit gegen die Nutzung des Begriffs „Mazedonien“ durch das Nachbarland FYROM. Doch es gibt auch Gegenproteste. Einige politische Parteien versuchen, die Lage für sich auszunutzen.
Viele Schulen in Griechenland sind derzeit von Schülern besetzt. Wie das Bildungsministerium am Donnerstag bekannt gab, sind 13,9 % der Bildungseinrichtungen besetzt.
Die meisten dieser Aktionen werden in Nordgriechenland durchgeführt. Das Ziel ist ein außenpolitisches. Die Schüler protestieren gegen eine Lösung der Namensfrage der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (UNO-Kurzbezeichnung: FYROM). Eine entsprechende Vereinbarung haben im Sommer die Außenminister der beiden Länder unterzeichnet. Künftig soll das Nachbarland „Republik Nordmazedonien“ heißen. Dieser Name hat bereits das Parlament in Skopje passiert. Nun muss noch die Volkvertretung in Athen dafür stimmen.
Hoch zu Ross mit der griechischen Flagge
Am Donnerstag haben in der nordgriechischen Metropole Thessaloniki etwa 1.500 Schüler gegen die vorgesehene Benutzung des Begriffs „Mazedonien“ durch die FYROM demonstriert. Treffpunkt war der Weiße Turm, das Markenzeichen der Stadt. Die Schüler marschierten anschließend zum Rathaus und dann bis zum Ministerium für Makedonien und Thrakien.
Besonders medienwirksam: Unter den Anwesenden war auch ein Schüler, der auf einem braun-weiß gefleckten Pferd ritt. Um seine Schulter hatte er malerisch die blau-weiß gestreifte griechische Fahne mit dem weißen Kreuz an der oberen linken Ecke gelegt.
Der Protest verlief im Großen und Ganzen friedlich. Vermummte Gruppierungen haben sich jedoch am Rande Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Außerdem ist es zu Szenen der Gewalt mit Mitgliedern antifaschistischer Gruppieren gekommen, die sich ebenfalls im Umfeld der Hauptdemo aufhielten.
Parolen skandiert: „Makedonien ist griechisch“
Für „akustische Stimmung“ sorgten u. a. Schüler, die mit Trommeln den Rhythmus für die Parolen vorgaben. Skandiert wurde von ihnen „Makedonien ist griechisch“ oder „Finger weg von Makedonien“. Der Großteil der Anwesenden bezeichnete den Protest als „patriotisch motiviert“. Um sich von faschistischen Gruppierungen zu differenzieren, führten die Schüler ein Transparent bei sich, auf dem ein Hakenkreuz mit blauer Farbe durchgestrichen war. Während der Demo sind allerdings auch Parolen der faschistischen Partei Chryssi Avgi (CA) zu hören gewesen.
Die Haltung der politischen Parteien
Vor diesem Hintergrund hat sich eine politische Kontroverse entwickelt. Die im Parlament vertretene CA unterstützt die Besetzungen und Demonstrationen der Schüler. Anders sieht das die Regierungspartei Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA). Sie wirft nicht nur der CA, sondern auch der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) vor, die Besetzungen zu schüren. Zwei hochrangige ND-Mitglieder, die dem rechten Flügel der Partei angehören, haben sich bereits für die Proteste der Eleven ausgesprochen. Die Parteiführung der Konservativen stellte allerdings klar, dass die ND generell gegen Schulbesetzungen sei. Parteisprecherin Maria Spyraki warnte jedoch davor, die demonstrierenden Schüler mit dem rechtsradikalen Spektrum in Verbindung zu bringen.
Erinnerung an einen ermordeten Schüler
Das Bild, das sich in anderen Landesteilen bietet, ist teilweise konträr zu jenem in Nordgriechenland: Denn dort besetzten Schüler ihre Schulen, um gegen die nationalistische Motivation ihrer nordgriechischen Altersgenossen zu protestieren; man spricht von sogenannten „Gegenprotesten“.
In der Hauptstadt Athen fand am Donnerstag vor den Propyläen an der Panepistimiou-Straße aus diesem Grund eine Schülerdemonstration statt. Das zentrale Motto lautete: „Faschisten aus den Schulen raus“. Es folgte ein Protestmarsch in Richtung Parlament. Die Beteiligung ist allerdings eher gering gewesen.
Beobachter meinen, dass die Schülerproteste am kommenden Donnerstag, dem 6. Dezember, ihren Höhepunkt erreichen dürften. An diesem Tag ist im Jahr 2008 der damals 15jährige Schüler Alexandros Grigoropoulos durch die Kugel aus der Dienstwaffe eines Polizisten ums Leben gekommen. Daraufhin kam es damals zu weitgehenden Ausschreitungen in Athen und anderen Landesteilen. Jährlich finden seither am Jahrestag der Ermordung des Schülers Gedenkkundgebungen statt. Dabei kam es immer wieder zu Ausschreitungen zwischen Polizei und Autonomen.
Elisa Hübel