Besuch der „Troika"
Die Regierung muss
deshalb schnellstens handeln, weil die Auszahlung eines
Mammut-Kredites in Höhe von 89 Mrd. Euro auf dem Spiel steht. Die
Entscheidung darüber muss die „Troika" Europäischer Kommission,
Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds
(IWF) treffen. Vertreter dieser „Troika" werden in der kommenden
Woche in Athen erwartet. Ihr Ziel ist es, die erzielten
Fortschritte und die allgemeine Finanzlage Griechenlands zu
checken. Erst auf dieser Basis kann über die Auszahlung der Rate
entschieden werden. Diese ist aber eine wichtige Voraussetzung
dafür, dass das Land bis Mitte März nicht Pleite geht. Dann nämlich
muss Athen „flüssig" sein, um auslaufende Anleihen von 14,5 Mrd.
Euro zu begleichen. Die Schulden des südöstlichen Mittelmeerlandes
belaufen sich derzeit auf etwa 340 Mrd. Euro. Bereits gestern
konnte sich jedoch Athen einen Kredit in Höhe von 1,625 Mrd. Euro,
dessen Laufzeit 26 Wochen beträgt, besorgen. Doch diese Gelder sind
wohl keine große Lösung, denn sie werden schnell für
Haushaltslücken aufgebraucht sein. Die Zinsen dafür liegen bei 4,90
%.
Proteste angekündigt
Es liegt auf der Hand,
dass die griechische Regierung schnell und entschlossen handeln
muss. Dem erfahrenen Technokraten und Ministerpräsidenten der im
vergangenen November ins Leben gerufenen Übergangsregierung, Loukas
Papadimos, ist das klar. Doch er braucht Unterstützung, nicht nur
aus den Parteien, die seiner Regierung beistehen, sondern auch von
den Sozialpartnern. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sollen
sich nun gemeinsam über die von der „Troika" vorgeschlagenen
Gehaltskürzungen im privaten Sektor einigen. Auch dies ist eine der
Voraussetzungen für die Auszahlung weiterer Finanzmittel.
Zur Debatte steht vor allem die Abschaffung des 13. und 14.
Monatsgehaltes im Bereich der Privatwirtschaft, eine weitere
Senkung des Mindestlohnes, eine Einfrierung der Saläre bis 2015
sowie die Minderung der Arbeitgeberbeiträge für die
Sozialversicherung ihrer Angestellten. In sondierenden Gesprächen
konnte man sich bisher lediglich auf die Kürzung der
Arbeitgeberbeiträge einigen. Die Unternehmer zeigen sich zum großen
Teil auch mit der Kürzung des 14. Monatsgehaltes von Gutverdienern
einverstanden. Außerdem plädieren sie für ein Einfrieren der Löhne
für die kommenden drei Jahre. Inwiefern dies in der Praxis
umsetzbar und für die Troika akzeptabel ist, wird sich noch zeigen
müssen. Die Gewerkschaft der Angestellten im Privatsektor (GSEE)
hat mit Protesten gedroht, falls die Gehälter angetastet werden
sollten. Als erstes Datum für einen Streik wurde bereits der 17.
Januar genannt. Im Februar könnte abermals gestreikt werden. Die
GSEE ließ wissen, dass die Proteste „große Ausmaße" erreichen
würden. Die Rechtsanwälte des Landes stehen bereits in einer
dreitägigen Arbeitsniederlegung, die bis Freitag andauert. Ihr
Protest richtet sich gegen die Liberalisierung ihres Berufszweiges.
Auch Apotheker und Ärzte sprechen von weiteren Protestaktionen.
Papadimos zeigt sich optimistisch
Trotz der
kritischen Situation zeigt sich Ministerpräsident Papadimos
optimistisch, dass Athen den Weg aus der Krise finden wird.
Gegenüber Journalisten betonte er am Dienstag allerdings auch, dass
das Jahr 2012 ein schwieriges Jahr werden wird, „wie es auch 2011
gewesen ist". Vor allem die kommenden Wochen seien sehr heikel.
Licht am Ende des Tunnels sieht der ehemalige Vizechef der EZB erst
Ende des laufenden Jahres. Dann soll die Arbeitslosenrate sinken,
dann werden sich „neue Chancen auftun". Weiterhin verbarg er nicht,
dass es zu Entlassungen im Staatsdienst kommen könnte. Hintergrund
ist eine weiter Bedingungen der „Troika", wonach die Zahl der
Staatsdiener bis 2015 um 150.000 gesenkt werden soll. Der Minister
für Verwaltungsreform und E-Goverment Dimitris Reppas hatte aber in
den letzten Tagen die Möglichkeit von Vertragsauflösungen im
öffentlichen Dienst dementiert. Die Reduzierung würde allein über
Pensionierungen und einen Einstellungsstopp erfolgen.
Auf der Suche nach Konsens
Dieses Beispiel
gilt als ein guter Beweis für die Uneinigung innerhalb der
Regierung. Papadimos muss sich vor allem auch als Diplomat an der
Heimfront beweisen. Er trifft sich zum wiederholten Mal mit den
Chefs der Parteien, die seine Regierung bilden. Bereits am Montag
fanden Gespräche mit dem Vorsitzenden der konservativen Nea
Dimokratia Antonis Samaras statt. Diese wurden jedoch von vielen
Beobachtern lediglich als „Meinungs- und Informationsaustausch"
bezeichnet. Ein Durchbruch konnte offenbar nicht erzielt werden. Am
Dienstagnachmittag traf sich der Ministerpräsident mit dem Chef der
Orthodoxen Volkssammlung (LAOS) Jorgos Karataferis. Letzterer soll
auf Konsensberatungen aller Parteichefs, in Anwesenheit von
Papadimos und Finanzminister Evangelos Venizelos, bestanden haben.
Falls man keinen Konsens finden sollte, hatte der LAOS-Chef bereits
mehrfach angedeutet, dass sich die Funktionäre seiner Partei aus
der Regierung zurückziehen könnten.
Am Samstag steht ein Treffen mit dem PASOK-Chef Jorgos Papandreou
auf dem Programm. Papadimos soll sich zudem bis zum Ende der Woche
mit dem Betriebsführer des Internationalen Bankenverbandes (IIF)
Charles Dallara treffen, der aus diesem Grund nach Athen reist.
(Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi)