Griechenland steht kurz vor einem Staatsbankrott. Und dies obwohl
die Auszahlung der 6. Kreditrate in Höhe von 8 Mrd. Euro mehr oder
weniger bereits zugesagt wurde. Das einzige was fehlt, ist eine
Unterschrift von Antonis Samaras (siehe Foto), dem Vorsitzenden der
zweitgrößten Partei des Landes, Nea Dimokratia (ND). Die
europäischen Partner fordern bereits seit dem 7. November ein
solches schriftliches Bekenntnis von den Vorsitzenden der drei in
der Übergangsregierung vertretenen Parteien (PASOK, ND und LAOS).
Man will damit sicher stellen, dass sich auch die kommende
Regierung des Landes, die aus den vorverlegten Parlamentswahlen in
etwa drei Monaten hervorgehen wird, an die in Brüssel getroffenen
Vereinbarungen hält. Für den ND-Vorsitzenden wird es nun immer
schwieriger zurückzurudern. Er hatte mehrfach erklärt, dass er kein
derartiges Papier unterzeichnen werde, weil diese „eine Frage des
nationalen Stolzes" sei. Andererseits haben auch Politiker in
Europa zu lange auf der Unterschrift beharrt, um nun einfach
umschwenken zu können.
Warnung vor dem Chaos
Eine endgültige
Entscheidung über die Auszahlung der dringend benötigten Kreditrate
will die Eurogruppe am kommenden Dienstag (29. November) treffen.
Nun warnt auch der Vorsitzende der rechtspopulistischen Orthodoxen
Volkssammlung (LAOS), Jorgos Karatzaferis, vor dem Bankrott – und
„vor dem Chaos". Ein solches werde unweigerlich eintreten, wenn
eine am 16. Dezember fällige Anleihe in Höhe von zwei Mrd. Euro
nicht beglichen werde. Gemeinsam mit ND und PASOK unterstützt auch
die LAOS die Übergangsregierung von Loukas Papadimos. Karatzaferis
wollte zwar ursprünglich ebenfalls keine schriftlichen
Verbindlichkeiten abgeben, erklärte aber dann, dass die Auszahlung
der 6. Kreditrate nicht an ihm scheitern solle. Er wolle nicht
dafür verantwortlich sein, wenn keine Renten und Gehälter
ausgezahlt werden könnten. Der Medienbesitzer aus dem rechten
politischen Spektrum bietet nun sogar Lösungen an. In der Zeitung
seiner Partei will er einen Beitrag veröffentlichen, in dem
erläutert werden soll, warum er sich an die Brüssler-Beschlüsse vom
26. und 27. Oktober halten wird, falls er auch an der künftigen
Regierung beteiligt sein sollte. Bei den Parlamentswahlen im
Oktober 2009 wurde seine LAOS mit 5,63 % viertstärkste Partei.
Umfragen zufolge konnte sie zwar seither nicht sonderlich punkten –
es wäre aber nicht auszuschließen, dass die Rechtspopulisten
vielleicht das Zünglein an der Waage sein könnten, falls die ND
keine absolute Mehrheit erhalten sollte. Allerdings hatte Samaras
die Bildung einer Koalitionsregierung bisher regelmäßig
ausgeschlossen.
Letzterer hat in der Tat die besten Chancen, die künftige Regierung
zu stellen. Den Umfragen zufolge liegt er mit etwa 10 Prozent vor
der PASOK. Gepunktet hat er vor allem mit seinen Erklärungen, dass
er das Memorandum, welches der frühere Premierminister Jorgos
Papandreou mit den europäischen Partnern vereinbart hatte, „neu
verhandeln" wolle. Allerdings ist fraglich, ob er derjenige sein
will, der die Schuld an einem möglichen Bankrott des Landes
übernehmen müsste.
Suche nach einem Kompromiss
Aus den Reihen
seiner konservativen ND wird bereits darüber spekuliert, dass in
der Unterschriftsfrage bis zum Freitag eine Lösung auf dem Tisch
liegen soll. Ein Kompromiss wäre zum Beispiel, dass Samaras ein am
13. November an seine Kollegen von der Europäischen Volkspartei
gesandtes Schreiben etwas abändern könnte. Eine zweite Alternative
wäre ein an Ministerpräsident Papadimos gerichtetes Schreiben, das
dieser an die europäischen Partner weiterleiten könnte.
Kompromisse zeichnen sich auch bei dem Datum für die vorverlegten
Parlamentswahlen ab. Die ND hatte bisher stets gefordert, dass der
ursprünglich für den 19. Februar ins Auge gefasste Termin
eingehalten werden müsse. In einem Gespräch mit dem Eurogruppenchef
Jean-Claude Juncker in Luxemburg stellte Papadimos nun fest, dass
es vorverlegte Neuwahlen erst geben werde, wenn die
Übergangsregierung ihre Aufgabe erledigt habe. Damit zeigte sich
erstmals auch die ND einverstanden. Einzige Voraussetzung sei, dass
diese Verzögerung „nicht allzu lange" währt. (Griechenland Zeitung
/ eh, Foto: Eurokinissi, Archiv)