Knapp am Eisberg vorbei?
Oft wurde in Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise in Griechenland der Vergleich mit der „Titanic" strapaziert. Angesichts der jüngsten Entwicklungen hörte man bereits den Lärm von den Rissen, den der Eisberg, auf den Hellas zuzusteuern schien, verursachte. Seit Sonntag gibt es jedoch handfeste Anzeichen, dass der Untergang doch noch verhindert werden konnte.
Das Gebot der Stunde der europäischen Partner sowie der internationalen Geldgeber lautete: Politische Zusammenarbeit der griechischen Parteien auf breiter Basis. Nur so habe der am 26. Oktober in Brüssel verabschiedete Schuldenschnitt für Griechenland sowie das damit verbundene Spar- und Maßnahmenpaket zur Konsolidierung der Finanzen Aussicht auf Erfolg. Ansonsten drohe, im Extremfall, der Rausschmiss der Hellenen aus dem Euro.
Premierminister Jorgos Papandreou von der regierenden sozialdemokratischen PASOK-Partei hatte am Freitag im Rahmen der Debatte zum Vertrauensvotum deutlich gemacht, dass er nicht an seinem Stuhl klebe, um eine derartige Lösung zu realisieren. Nicht zuletzt haben ihm seine eigenen Abgeordneten nur unter der Voraussetzung das Vertrauen ausgesprochen (mit 153 von 300 Stimmen), dass er Schritte zur Bildung einer Konzentrationsregierung einleitet und gleichzeitig sein Amt zur Verfügung stellt.
„Normalität" und „Stabilität"
Von der größten Oppositionspartei, der konservativen Nea
Dimokratia (ND) kam jedoch umgehend ein „Nein". „Die Masken sind
gefallen. Neuwahlen sind der einzige Ausweg", sagte ND-Chef Antonis
Samaras und verließ das Hohe Haus. Die Differenzen zwischen den
beiden Hauptakteuren, PASOK und ND, schien eine unüberwindliche
Kluft zu trennen. Bis Sonntagmittag:
Samaras "vergaß" nach einem Treffen mit Staatspräsident Karolos
Papoulias am Sonntag die Forderung nach einer Übergangsregierung,
vorverlegten Neuwahlen innerhalb von sechs Wochen und legte den
Focus auf „Normalität" und „Stabilität". „Ich bin entschlossen zu
helfen", sagte er. Voraussetzung sei der Rücktritt Papandreous, der
mit seiner Haltung eine Lösung blockiere. Sollte dieses Hindernis
aus dem Weg geräumt werden, „wird alles seinen Weg gehen", so der
ND-Chef. Regierungssprecher Ilias Mossialos deutete im
staatlichen TV-Sender „NET" am Sonntagvormittag an, dass "noch
heute" eine neue Regierung gebildet werden könne – ohne
Papandreou.
Votum für den Euro
Mit einer Regierung der Nationalen Einheit treffen die
Politiker auch den Nerv des Volkes. In einer Umfrage der
Sonntagsausgabe von „Ethnos" spricht sich die Mehrheit der Griechen
(45 %) für diese Art von „Krisenmanagement" aus, 41 % plädieren für
Neuwahlen. Bewusst ist den Bürgern auch, dass eine neue Regierung
keine Handlungsspielräume hat, eine andere Politik als die von den
Geldgebern vorgegebene durchzuführen (54,8 %). Und bei einem
Großteil der Bevölkerung scheinen die Horrorszenarien über eine
Rückkehr zur Drachme gegriffen zu haben: 81,1 % wünschen sich einen
Verbleib in der Eurozone. (Griechenland Zeitung; as. Foto:
Eurokinissi)