Neuerliche Provokationen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan wurden in Athen mit scharfen Kommentaren erwidert.
Griechenlands Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos stellte fest, dass ein Politiker, der seine Worte nicht im Zaum halten könne, nicht als großer Politiker gelten könne. Er könne dann auch nicht den entsprechenden Respekt einfordern. Anlass für diese Einschätzung waren Erklärungen Erdogans, wonach das griechische Militär bei seinem Abzug im Jahre 1922 die Stadt Izmir (griechisch: Smyrna) selbst in Brand gesetzt haben soll. Anlass für diese Feststellungen war eine Wahlkampfrede. Der Türke hatte hinzugefügt: „Unsere Vorfahren wollten nicht zerstören, niederbrennen.“ Vielmehr hätten diese stets das Ziel gehabt, „zu erbauen und etwas zu erschaffen“.
„Respekt vor der Geschichte“ gefordert
Angesichts dieser Erklärungen forderte Pavlopoulos seinen Amtskollegen aus Ankara dazu auf, „Respekt vor der Geschichte“ an den Tag zu legen. Mit derartigen Behauptungen könne man weder den Respekt der Griechen, noch der Europäischen Union noch der internationalen Staatengemeinschaft erringen. Vor dem Hintergrund der fortgesetzten Verletzungen der griechischen Hoheitsrechte durch türkische Militärs und der Theorie der „Grauen Zonen“, wonach die Zugehörigkeit griechischer Inseln neu verhandelt werden müsse, stellte der griechische Präsident außerdem klar: „Wir sind ein Volk und eine Nation des Friedens.“ Doch man werde „nicht eine Winzigkeit des griechischen Territoriums, der Grenzen oder der Hoheitsrechte abtreten“.
„Schwärzeste Seiten der Geschichte“
Scharf kritisiert wurde Erdogan für seine jüngsten Äußerungen auch von der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND). Durch derartige Behauptungen würden „die Beziehungen der beiden Staaten und unserer Völker unterminiert“. Ähnliche reagierte die von der sozialistischen PASOK dominierte „Bewegung der Veränderung“ (Kinima Allagis): In seiner „fanatischen Wahlkampfrhetorik“ verdrehe Erdogan abermals die Geschichte. „Die Katastrophe von Smyrna – und all das, was damals zu Lasten der Griechen geschah – gehört zu den schwärzesten Seiten der Geschichte.“
Die „Kleinasiatische Katastrophe“
Historischer Hintergrund für diese Einschätzung ist die sogenannte „Kleinasiatische Katastrophe“, wie sie in der griechischen Geschichtsschreibung bezeichnet wird. Gemeint ist die gewaltsame Vertreibung der Griechen aus ihrer seid tausenden Jahren angestammten Heimat. Systematische Verfolgungen der Minderheiten wurden im Osmanischen Reich spätestens seit Ausbruch des I. Weltkrieges begangen. Nach der Niederlage des griechischen Militärs im griechisch-türkischen Krieg (1919-1922) eskalierte die Lage. Nach dem Rückzug des griechischen Militärs aus Smyrna brach zunächst im armenischen Viertel ein Stadtbrand aus, der sich schnell auch auf die Viertel, in denen die Griechen siedelten, ausbreitete. In der Stadt kam es zu panikartigen Zuständen. Wer mit dem Leben davon kam, verlor sein persönliches Hab und Gut. Die Vertreibung der Griechen wurde schließlich im Vertrag von Lausanne (1923) manifestiert (Konvention zum Bevölkerungsaustausch).
(Griechenland Zeitung / jh)