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Griechenland: Kabinett berät über weitere finanzielle Maßnahmen Tagesthema

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Griechenland: Kabinett berät über weitere finanzielle Maßnahmen
Der Ministerrat tagt heute unter Vorsitze von Ministerpräsident Jorgos Papandreou (siehe Foto), um über ein dreijähriges mittelfristiges Programm für die Jahre 2012 bis 2015 zur Sanierung der griechischen Finanzlage zu beschließen. Finanzminister Jorgos Papakonstantinou hat dabei weitere Einsparungen in Höhe von 15,6 Mrd. Euro ins Auge gefasst, was 6,5 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) entspricht. Zudem sollen zusätzliche Einnahmen von 10 Mrd. Euro (4,5 % des BIP) in die Kassen der öffentlichen Hand spülen.
en. Hintergrund für diese starken Einschnitte sind Forderungen der „Troika", die sich aus Vertretern der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds zusammensetzt. Die Ergreifung dieser zusätzlichen Maßnahmen wird als Voraussetzung für die Auszahlung der fünften Kreditrate in Höhe von 12 Mrd. Euro an Griechenland verstanden, die im Juni fällig ist. Der Gesamtkredit, der mit der „Troika" vereinbart wurde, beläuft sich auf 110 Mrd. Euro, die letzte Rate wird im kommenden Jahr fällig.
Verbunden sein dürften die zusätzlichen fiskalischen Maßnahmen mit weiteren Gehaltskürzungen im öffentlichen Sektor. Vor allem müssen sich Angestellte im öffentlichen Dienst, die nicht fest angestellt sind, Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen, betroffen sein können aber selbst Angestellte mit unbefristeten Verträgen. Auch das seit vielen Jahren zum Standard gehörende 13. und 14. Monatsgehalt könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Angestellte von Firmen der öffentlichen Hand (DEKO) drohen Kürzungen von Zulagen, defizitären DEKO-Betrieben droht Schließung oder Privatisierung.
Allein durch letztere sollen bis 2012 15 Mrd. Euro in die Staatskassen fließen – bis 2015 wird der Erlös aus Privatisierungen oder Verpachtung von Liegenschaften der öffentlichen Hand sogar auf 50 Mrd. Euro veranschlagt. Ganz oben auf der Privatisierungsliste stehen weitere 10 % der Telekommunikationsgesellschaft OTE an die Deutsche Telekom. Der Vertrag könnte noch im Juni zustande kommen. Weitere Favoriten bei der Privatisierung sind die Hellenic Postbank, an der der Staat noch 34,04 % besitzt, das gewinnbringenden Glücksspielunternehmen OPAP, an dem der Staat ebenfalls 34 % besitzt und der Stromriese (DEI). An diesem Unternehmen hält der Staat im Moment noch 51,12 % der Anteile. Allerdings stößt gerade hier eine Privatisierung auf erheblichen Widerstand, die kampferprobte Gewerkschaft des Unternehmens hat mehrfach damit gedroht, das Land in ein „Black-Out" zu stürzen, falls der Staat weitere Anteile veräußern sollte.
Um den Weg zurück auf die Finanzmärkte zu finden, will Griechenland nun einmalige Zahlungen von rund 100.000 Besitzern mit „großem Immobilienbesitz" fordern. Es handelt sich dabei um Besitztümer, die über der objektiven Berechnungsgrundlage von 400.000 Euro liegen. Weitere Einnahmen sollen durch die Angleichung der Verbrauchersteuer für Heizöl an die Benzinsteuer erfolgen. Weiter angehoben werden sollen auch die Mautgebühren für Autobahnen, zudem soll der mittlere Mehrwertsteuersatz, der bisher bei 13 % liegt, dem Höchstsatz der Mehrwertsteuer angepasst werden; dieser liegt bisher bei 23 %. Angehoben werden soll auch die Verbrauchersteuer bei Erfrischungsgetränken, Säften und Erdgas. Zudem sollen die Steuerfreibeträge weiter kräftig beschnitten werden, zuletzt mussten Einkommen unter 12.000 Euro nicht versteuert werden. Noch strengere Kriterien sollen auch für die Vergabe von Sozialhilfe gelten.

Ministerpräsident trifft Oppositionsführer

Am morgigen Dienstag will Premierminister Jorgos Papandreou separate Gespräche mit den Vorsitzenden aller im Parlament vertretenen Oppositionsparteien führen. Hauptthema ist das mittelfristige Programm, das Finanzminister Jorgos Papakonstantinou heute während des Ministerrates vorgestellt hat. Ziel des Premierministers ist eine Zustimmung der Opposition zu diesem mittelfristigen Finanzprogramm bzw. die Kooperation aller Parlamentsparteien, um das Land aus der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise zu bugsieren.
Die Generalsekretärin der Kommunistischen Partei des Landes KKE, Aleka Papariga, hat die Einladung für das morgige Gespräch abgelehnt. Stattdessen will sie heute eine Pressekonferenz geben. Die KKE ist die drittstärkste Parlamentspartei. Die größte Oppositionspartei des Landes, Nea Dimokratia (ND), die bis 2009 die Regierung stellte, dürfte ebenfalls eine Kooperation in wichtigen Punkten verweigern. Der ND-Vorsitzende Antonis Samaras kündigte in einem Interview in der Zeitung „Proto Thema" an: „Ich werde nicht für ein zweites Memorandum votieren, ebenso wenig für das mittelfristige Programm".
Die EU hatte die politischen Parteien in Griechenland wiederholt zu einem Konsens aufgefordert, um die im April 2010 offen ausgebrochene Finanz- und Wirtschaftskrise zu überwinden. Premierminister Jorgos Papandreou hatte sich hingegen in einem Interview mit der Sonntagszeitung „Ethnos tis Kyriakis" entschlossen gezeigt, „das Land zu retten". Dies sei die einzige „rote Markierung", die es gebe. Um dieses Ziel zu erreichen, scheue er keine politischen Kosten. Gleichzeitig schloss er vorverlegte Parlamentswahlen aus.  (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi)

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