Ministerpräsident Tsipras und sein Amtskollege aus Skopje Zaev zeigen sich dazu entschlossen, die Namensfrage der FYROM zu lösen. Ende Januar bzw. Anfang Februar wird der UN-Sonderbeauftragte Nimetz die beiden Hauptstädte besuchen. Die Opposition beider Länder läuft unterdessen Sturm.
Die Bemühungen zur Lösung der Namensfrage der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (UNO-Kurzbezeichnung: FYROM) gewinnen weiter an Dynamik. Am Mittwoch hat sich Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras mit seinem Amtskollegen aus Skopje Zoran Zaev getroffen. Die bilateralen Gespräche fanden im Rahmen des World Economic Forum im schweizerischen Davos statt. Das tête-à-tête hat geschlagene drei Stunden gedauert. Kurzzeitig haben sich auch die Außenminister der beiden Nachbarländer an den Unterredungen beteiligt.
Gemeinsamer Wille beider Seiten
Anschließend stellte Tsipras gegenüber den Medien fest: „Wir beide kämpfen dafür, die Dinge, die unsere Völker vereinen, in den Vordergrund zu stellen.“ Gleichzeitig würden sie jedoch auch versuchen, „Lösungen zu finden, für jene Dinge, die uns voneinander trennen“. Anschließend konstatierte das griechische Regierungsoberhaupt: „Es ist meine Überzeugung, dass der Balkan stark unter Nationalismus und Spannungen gelitten hat.“ Nun sei es an der Zeit, „eine Agenda der Zusammenarbeit und des gemeinsames Wachstums aufzubauen“. Damit würde die europäische Perspektive der Länder auf dem Westbalkan gestärkt. Diese Region müsse vor allem Herausforderungen in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit und der regionalen Stabilität bewältigen, so Tsipras. Dazu trage Griechenland als Kraft der Verantwortung, der Stabilität und der Zusammenarbeit bei.
Sich an Zaev richtend teilte der griechische Premier mit, dass er und sein Amtskollege gewillt seien, „die existierenden Zwistigkeiten mit Realismus und Verantwortung“ zu überwinden. Die Position der griechischen Seite sei es, dass die Namensgebung der FYROM nur mit einem zusammengesetzten Namen gelöst werden könne. Dieser müsse für alle Bereiche gelten, einschließlich auch der inneren Angelegenheiten des Nachbarlandes. Im Versuch das bilaterale Vertrauen aufzubauen, werden die beiden Länder auch in den Bereichen Energie und Transport kooperieren, so Tsipras.
Beitritt in EU und NATO im Visier
Ähnlich äußerte sich aus Zaef: man habe die Verpflichtung, „Vertrauen zwischen unserer beiden Länder aufzubauen“. Ziel sei es, dazu beizutragen, dass die Probleme zwischen den Bürgern unserer beiden Länder überwunden werden. Skopje habe den Wunsch, ein Partner Griechenlands sowohl innerhalb der EU als auch in der NATO zu sein. So könnten die Probleme, „in den schwierigen Zeiten, in denen wir leben, überwunden werden“. Der Ministerpräsident der FYROM stellt fest, dass er und Tsipras „die politische Vision, den Sinn für Verantwortung und den Mut haben, eine Lösung für ein lange währendes Problem, dass seit 25 Jahren existiert, zu finden.“ Zaev stellte außerdem fest, dass die Lösung der Namensfrage Voraussetzung für den Beitritt der FYROM zur NATO und zu EU sei.
Als ein erstes Entgegenkommen versprach Zaev, dass er den Namen des internationalen Flughafens in Skopje sowie die zentrale Autobahn seines Landes umbenennen werde. Beide tragen derzeit noch den Namen „Alexander der Große“. Griechenland sieht in dieser Benennung eine Provokation, da es das Erbe des berühmten Königs aus Mazedonien, der Hellas in der Antike zur Weltmacht machte, für sich beansprucht.
Die Opposition zeigt sich empört
Während sich die beiden Regierungschef der Nachbarländer in Davos freundschaftlich und konstruktiv über die Lösung der Namensfrage berieten, liefen die Oppositionsparteien gegen die Vorsätze ihrer Regierungsoberhäupter Sturm. So stellte der Vorsitzende der konservativen Nea Dimokratia (ND) Kyriakos Mitsotakis fest, dass die FYROM als erstes ihre Verfassung ändern müsse, bevor es zu einer Lösung der Namensfrage kommen könne. Es sei deutlich, „dass Herr Tsipras nicht auf Basis der nationalen Interesse verhandeln kann“, so das Urteil des Konservativen. Der für das Ressort Innere Angelegenheiten bei der ND zuständige Politiker Jorgos Koumoutsakos monierte, dass die Umbenennung des internationalen Flughafens sowie der Autobahn schließlich schon von den nächsten Regierungen der FYROM wieder zurückgenommen werden könnte.
Die Vorsitzende der sozialistischen Partei PASOK Fofi Gennimata sprach von einer „geheimen Diplomatie“ seitens der griechischen Regierung. Sie warf sowohl der ND als auch der Regierungspartei SYRIZA (Bündnis der Radikalen Linken) vor, das griechische Volk zu spalten. Zudem würden sie hinter dem Rücken der griechischen Bevölkerung mit nationalen Angelegenheiten spielen.
Neue Massenkundgebung am Sonntag
Für den kommenden Sonntag (4.2.) ist eine weitere Massenkundgebung geplant, die sich gegen die Benutzung des Begriffs Mazedonien „in welcher Sprache auch immer“ richtet. Daran wollen sich u. a. Mitglieder der ND beteiligen. Doch auch der Koalitionspartner von SYRIZA, die rechtpopulistische Partei „Unabhängige Griechen“ (ANEL) steht einer solchen Protestkundgebung nicht abgeneigt gegenüber. Es ist nicht auszuschließen, dass auch hochrangige ANEL-Mitglieder bei der Demo anwesend sein werden. Bereits am vorigen Sonntag hatte im nordgriechischen Thessaloniki eine große Protestkundgebung stattgefunden. Daran haben sich nach Angaben der Organisatoren mindestens 300.000 Menschen beteiligt.
UN-Beauftragter kommt nach Athen und Skopje
Ende Januar und Anfang Februar wird unterdessen der für die Namensfrage verantwortliche UN-Sonderbeauftragte Matthew Nimetz nach Athen sowie nach Skopje reisen, um die trilateralen Verhandlungen voranzutreiben. Vorige Woche hatte er fünf Namen vorgeschlagen: Republika Nova Makedonija, Republika Severna Makedonija, Republika Gorna Makedonija, Republika Vardarska Makedonija und Republika Makedonija (Skopje). Auf dieser Basis werden die Verhandlungen stattfinden.
Am Samstag will Ministerpräsident Tsipras die Parteivorsitzenden seines Landes über den Stand der Verhandlungen informieren.
Elisa Hübel