Mit einem Namensbeitrag hat Ministerpräsident Tsipras in einer Sonntagszeitung für politischen Zündstoff gesorgt. Darin hat er die Geschichte der sozialistischen PASOK so dargestellt, dass Parallelen zur eigenen Laufbahn hervorgetreten sind. Die Opposition wirft dem Linkspolitiker „Hybris“ vor.
Am Sonntag, dem 3. September, hat die Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK) ihr 42-jähriges Bestehen gefeiert. Anlässlich dieses Jubiläums hat Ministerpräsident Alexis Tsipras (SYRIZA) in einem Beitrag in der Zeitung „Documento“ die Geschichte der PASOK und ihres Gründers Andreas Papandreou umrissen. Seine Wortwahl und die Zusammenstellung der Fakten erinnerten – ohne dass der Ministerpräsident dies jedoch explizit schrieb – an seien eigene politische Laufbahn.
Systemtragende Rolle der PASOK
Tsipras resümierte in seinem Gastbeitrag, dass die PASOK in ihren Anfängen als „extrem“ und als „Freund der Terroristen stigmatisiert“ worden sei. Trotzdem habe es diese Partei geschafft, eine große systemtragende Partei zu werden. Diese Worte hat Tsipras Beobachtern zufolge deshalb gewählt, weil auch seine SYRIZA (Bündnis der Radikalen Linken) in den Anfangsjahren bei jedem Urnengang mehr oder weniger um den Einzug ins Parlament bangen musste. Zudem werden einigen SYRIZA-Mitgliedern freundschaftliche Beziehungen bzw. Sympathien zu terroristischen Gruppierungen im Lande nachgesagt.
Was die PASOK betrifft, so hat sie die Entwicklungen in Griechenland nach dem Sturz der Militärdiktatur (1974) entscheidend mitgeprägt. Gemeinsam mit der konservativen Nea Dimokratia (ND) war sie die tragende Partei des Landes. Ihren Niedergang erlebten die griechischen Sozialisten nach dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2010 unter Jorgos Papandreou, dem Sohn des Parteigründers.
Lobende Worte für Andreas Papandreou
Tsipras beschrieb Andreas Papandreou in seinem Text als eine „charismatische Persönlichkeit“. Von Anfang an habe dieser Veränderungen vor Augen gehabt und „einen Bruch mit dem Establishment“ gefördert. Das amtierende Regierungsoberhaupt erinnert daran, dass Papandreou von seinen politischen Gegnern als „Populist“ bezeichnet wurde. – Auch hier ziehen Beobachter Parallelen: Tsipras wird von politischen Gegnern ebenfalls gern als Populist beschrieben, der mit leeren Wahlversprechen die Regierungsgeschäfte übernommen habe.
Tsipras selbst resümiert in seinem Beitrag, dass viele seiner politischen Gegner SYRIZA als Fortsetzung der „alten PASOK“ sehen würden. Hinter derartigen Vorwürfen verberge sich nach seiner Auffassung jedoch lediglich „eine große Angst“.
Schelte seitens der Opposition
Seitens der Opposition hagelte es Kritik auf diese Darstellung. Der Vorsitzende der Nea Dimokratia (ND) Kyriakos Mitsotakis warf Tsipras vor, dass er „die Gegenwart und die Zukunft des Landes“ untergrabe. Er selbst, so Mitsotakis, interessiere sich für „das Griechenland im Jahr 2030“ und „nicht für das aus dem Jahre 1980“.
Seitens der PASOK stellte Parteichefin Fofi Gennimnata fest, dass es sich um eine „Versuch“ von Tsipras handle, „sich als der neue Papandreou“ zu beschreiben. Dies sei nicht nur „arrogant“ und „komisch“: Die Sozialisten registrierte darin sogar einen Fall von „Hybris“.
Zu Wort meldete sich auch Jorgos Papandreou, der das Land von 2009 bis November 2011 regierte. Seiner Ansicht nach wolle Tsipras mit seinen Äußerungen lediglich „den Schaden rechtfertigen, den er verursacht hat“. Die Regierungszeit von Papandreou Junior selbst gilt als nicht besonders erfolgreich. Im November 2011 sah er sich gezwungen, die Regierungsgeschäfte abzugeben. Etwa vier Monate später trat er aus der von seinem Vater gegründeten PASOK aus und gründete unter dem Namen Kinima Dimokraton Sosialiston (KIDISO) eine eigene Partei, die allerdings relativ erfolglos blieb.
Suche nach traditionellen PASOK-Wählern
Rückendeckung erhielt Tsipras aus dem eigenen Lager. Sein Staatsminister für Regierungskoordination Alekos Flambouraris dementierte den Vorwurf, dass Tsipras versucht habe, sich mit Andreas Papandreou zu identifizieren. Vielmehr wolle er jene Wähler überzeugen, die mit SYRIZA „einverstanden oder in etwa einverstanden“ sind.
Elisa Hübel