Der griechische Außenminister Nikos Kotzias stattet am heutigen Montag und am morgigen Dienstag Albanien einen offiziellen Besuch ab. Ziel ist ein Ausbau der Beziehungen zum nördlichen Nachbarland. Gleichzeitig soll ein im Jahre 1996 unterzeichnetes Freundschaftsabkommen erneuert werden.
Im Vorfeld wurde der Besuch allerdings durch Äußerungen verschiedener albanischer Politiker überschattet. So hatte Ministerpräsidenten Edi Rama während eines Kongresses seiner Sozialistischen Partei (PS) u. a. die Existenz einer sogenannten „Çamen-Frage“ aufgeworfen. Ähnliche Äußerungen hatte in der vorigen Woche auch Außenminister Ditmir Bushati in einem Fernsehinterview gemacht. Die griechische Seite vertritt die Ansicht, dass ein derartiges Thema nicht existent ist. Jeder Bezug dazu würde „die historische Realität entstellen“.
In einer Mitteilung des griechischen Außenministeriums heißt es: „Die albanische Seite muss begreifen, dass ihr europäischer Kurs von der Durchsetzung der fünf Prinzipien der EU abhängt, darunter fällt auch der Respekt vor der Rechtsstaatlichkeit“. Tirana sei dazu angehalten, „Gerichtsentscheidungen über Kriegsverbrechen zu respektieren“.
Die Çamen (griechisch: Tsamides) siedelten sich im Mittelalter im Epirus an, der sich über das heutige Nordwestgriechenland und Südalbanien erstreckt. Während des II. Weltkrieges kollaborierte ein Teil dieser Bevölkerungsgruppe auf griechischem Territorium mit den italienischen und deutschen Besatzern. 1944 wurde ein Großteil von ihnen nach Albanien vertrieben.
Athen vertritt die Auffassung, dass diese Bevölkerungsgruppe während des zweiten Weltkrieges auf der Seite der Achsenmächte (Deutschland, Italien und Japan) stand. Offiziell heißt es, sie hätten schließlich „aus eigenem Willen in einer Gruppe den Epirus definitiv verlassen, indem sie den feindlichen Streitkräfte gefolgt sind“.
Am heutigen Montag wird sich Kotzias in Tirana mit seinem albanischen Amtskollegen Bushati treffen. Sie werden anschließend ein Statement gegenüber der Presse abgeben. Weitere Unterredungen stehen mit den albanischen Präsidenten Bujar Nishani sowie dem griechisch-orthodoxen Erzbischof von Tirana, Durrës und ganz Albanien, Anastasios, auf dem Programm.
Am Dienstag wird der Gast aus Griechenland eine Rede an der Universität Tirana halten. Dabei geht es um „Die Bedeutung der griechisch-albanischen Beziehungen für die europäische Zukunft der Region“. Anschließend wird sich Kotzias mit dem Vorsitzenden der oppositionellen Demokratischen Partei (PD) Lulzim Basha sowie mit Vertretern der griechischen Minderheit des Landes treffen. Es ist der zweite Besuch von Kotzias in Tirana innerhalb eines Jahres. Sein Amtskollege Bushati hatte bereits im März Athen einen offiziellen Besuch abgestattet.
(Griechenland Zeitung / eh)
Unser Archivfoto (© Eurokinissi) zeigt Außenminister Nikos Kotzias (l.) am 16. Juli 2015 während eines damaligen Besuches in Tirana.