Der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Angel Gurria hat am Donnerstag Athen einen offiziellen Besuch abgestattet. Dabei hat er sich u. a. mit Ministerpräsident Alexis Tsipras getroffen und übergab ihm den Jahresbericht der OECD zur Lage der griechischen Wirtschaft.
Die beiden Politiker waren sich darin einig, dass die Inspektoren der internationalen Geldgeber („Quadriga“), die sich derzeit ebenfalls in Athen aufhalten, schon bald die Evaluierung der griechischen Finanzen und der erzielten Reformfortschritte abgeschlossen haben werden. Anschließend könnten dann Gespräche über einen Schuldenschnitt beginnen. Vor allem aber – auch darin herrschte Einigkeit – sei ein wirtschaftlicher Aufschwung des Mittelmeerlandes nur auf dem Wege von Reformen zu erzielen. Gurria verlieh seiner Meinung Ausdruck, dass das griechische Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr kein oder zumindest nur ein minimales Wachstum verzeichnen werde. Hingegen sei dann ab 2017 mit einem Wachstum von 1,9 % bis 2 % zu rechnen. Dem OECD-Chef zufolge liegen die beiden Schwerpunkte, die die Regierung Tsipras noch zu bewältigen hat, in den Bereichen Steuerreformen sowie bei der Reformierung des Systems der Sozial- und Rentenversicherung. Bei letzterem Schwerpunkt müssten vor allem die eingezahlten Beiträge mit den letztendlich ausgezahlten Renten in Einklang gebracht werden. Die Beibehaltung einer Mindestrente sei jedoch nach wie vor von großer Bedeutung, damit nicht die sozial Schwächeren die Lasten der Einsparungen bei den Rentenausgaben schultern müssten.
Gurria stellte außerdem fest, dass das Phänomen der Steuerhinterziehung nach wie vor in Hellas spürbar sei. Althergebrachten Interessen und Gewohnheiten stünden im Gegensatz zu den angepeilten Reformen.
Weiterhin erinnerte er daran, dass man für die Rekapitalisierung der griechischen Banken ursprünglich mit einem Budget von 25 Milliarden Euro gerechnet hatte. Letztendlich habe man dafür aber nur 6 Milliarden Euro aufwenden müssen. Die beiden Gesprächspartner waren sich letztlich auch darin einig, dass Griechenland zusätzlich finanzielle Mittel benötigt, um die Anforderungen, die aus der Flüchtlingskrise erwachsen, bewältigen zu können.
Elisa Hübel
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt Ministerpräsident Alexis Tsipras gemeinsam mit OECD-Generalsekretär Angel Gurria vor seinem Amtssitz in Athen.