Die von der Regierung forcierte Reform des Systems der Renten- und Sozialversicherung stößt auf eine scharfe Protestfront bei Arbeitnehmern und verschiedener Zünfte. Der Regierung dürften kalte Wintertage ins Haus stehen. Am 4. Februar findet ein Generalstreik statt. Dazu aufgerufen hat der Gewerkschaftsbund für die Privatwirtschaft (GSEE). Deren Präsident Jannis Panagopoulos erklärte, dass die geplante Renten- und Sozialversicherungsreform „die junge Generation zerstört“. Einzige Lösung sei die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und nicht etwa eine Erhöhung der Beiträge für die Sozialkassen. U. a. rief er Freiberufler und Wissenschaftler zum Schulterschluss auf. Ärzte, Ingenieure und Rechtsanwälte haben bereits in der vergangenen Woche ihren Unmut auf die Straße getragen.
Die griechische Presse sprach von einem „Aufstand der Krawattenträger“. Den Plänen der Regierung zufolge müssen Freiberufler künftig etwa 60 % ihrer deklarierten Einkommen für Steuern, Renten- und Sozialversicherungsbeiträge aufbringen. Am Mittwoch und Donnerstag treten die Mitglieder der Seemannsgewerkschaft PNO für 48 Stunden in den Ausstand; der Fährverkehr kommt zum Erliegen. Ab Mittwoch wollen auch die Bauern landesweit auf die Barrikaden gehen. Sie haben bereits zahlreiche Traktoren an den Rändern von Nationalstraßen positioniert und stellen Blockaden in Aussicht. Die Regierung müsse „mit den schwersten Bauernprotesten sei 20 Jahren“ rechnen. Auch die Fischer von Magnisia in Mittelgriechenland wollen mobil machen. Sie wollen mit ihren Booten den Hafen von Volos in Mittelgriechenland blockieren. Ebenfalls am Mittwoch gehen die Angestellten der Bürgerinformationszentren (KEP) in einen 24-stündigen Ausstand. Sie fordern Neueinstellungen sowie bessere Einschulung des Personals. Proteste hat der Panhellenische Ärzteverband für Donnerstag ins Auge gefasst. Die Angestellten der griechischen Bahn OSE führen zunächst noch bis Donnerstag mehrstündige Arbeitsniederlegungen (5-8, 13-16 und 21-24 Uhr) gegen Privatisierungen durch. Davon betroffen sind auch die Vorortbahnen in Athen, Thessaloniki und Patras. Das betrifft auch den Schienenersatzverkehr (Busse) zwischen Kiato und Patras sowie die Vorortbahn zwischen der Athener U-Bahnstation „Doukissis Plakentias“ und dem internationalen Flughafen „Eleftherios Venizelos“.
Bereits am Dienstag haben Rentner in Athen einen Protestmarsch bis vor das Arbeitsministerium und gegen die geplante Renten- und Sozialversicherungsreform durchgeführt. Schon in der vorigen Woche hatten Freiberufler und Wissenschaftler, darunter Rechtsanwälte, Ingenieure und Ärzte in Athen demonstriert. Am Samstag absolvierten die beiden Dachgewerkschaften Öffentlicher Dienst (ADEDY) und der Privatwirtschaft (GSEE) einen Protestmarsch im Athener Zentrum, an dem sich 4.000 Arbeitnehmer beteiligt haben.
Elisa Hübel
Unser Archivfoto (© Eurokinissi) zeigt protestierende Fischer im Jahre 2008 vor dem Entwicklungsministerium in Athen. Gegen die jüngsten Pläne der Regierung will diese Zunft nun abermals auf die Barrikaden gehen.