Login RSS

Generalstreik in Griechenland: Ende der Schonfrist Tagesthema

  • geschrieben von 
Generalstreik in Griechenland: Ende der Schonfrist

In Griechenland wurde am Donnerstag ein Generalstreik durchgeführt, es fuhren weder Eisenbahnen noch Schiffe. Betroffen war auch der öffentliche Nahverkehr. Auch Kommunalangestellte, das Personal der Krankenhäuser und weitere Berufszweige befanden sich im Ausstand. Die Protestmärsche der Gewerkschaften, die in Athen von verschiedenen Punkten der Stadt begannen, mündeten vor dem Parlament am Syntagmaplatz. Dort war ein starkes Polizeiaufgebot im Einsatz, um mögliche Ausschreitungen zu verhindern.

Es ist der zweite Streik innerhalb von drei Wochen gewesen. Gleichzeitig war es auch der zweite dieser Art, an dem sich alle drei Gewerkschaftsverbände (Öffentlicher Dienst – ADEDY; Privatwirtschaft – GSEE und PAME von der kommunistischen Partei) beteiligten, seit der Linkspolitiker Alexis Tsipras im Januar erstmals die Regierungsgeschäfte übernahm. Der Eindruck, dass sein Linksbündnis (SYRIZA) bei der Durchsetzung von Reformen gewissermaßen immun gegen den Widerstand der Arbeitnehmer sein könnte, gehört damit endgültig der Vergangenheit an: Die Schonfrist für Tsipras, der als Oppositionspolitiker stets an vorderster Front mit den Streikenden stand, scheint abgelaufen.
Gemeinsam mit seinen Koalitionspartner „Unabhängige Griechen“ (ANEL) hatte SYRIZA vor der Regierungsübernahme ein Ende der Spar- und Reformpakete versprochen. Doch bereits Mitte Juli wurde angesichts eines sich abzeichnenden Staatsbankrotts ein neues Memorandum mit den Geldgebern geschnürt, die ihrerseits einschneidende Maßnahmen verlangten. Diese müssen nun Schritt für Schritt umgesetzt werden, erst danach werden weitere Kredittranchen überwiesen. Der nächste Zahltag wäre der 18. Dezember. Es geht um einen Teilkredit in Höhe von einer Milliarde Euro. Voraussetzung für eine pünktliche Auszahlung sind gesetzliche Regelungen, die eigentlich schon in den kommenden Tage das Parlament passieren müssten. Doch die haben es in sich. – Angesichts des politischen Widerstandes – nicht zuletzt auch aus dem Lager der Regierungspartei SYRIZA selbst – dürfte die Verabschiedung des Paketes auf das neue Jahr verschoben werden.
Zu den besonders unliebsamen der geplanten Maßnahmen zählen in erster Linie weitere Rentenkürzungen: die Mindestrente soll unter die 400-Euro-Marke gedrückt werden. Doch für Zündstoff sorgt auch die Möglichkeit, dass Kredite, die von Unternehmen nicht mehr bedient werden, an private Fonds verkauft werden dürfen. Auch Privatisierungen stehen auf der Tagesordnung, veräußert werden soll etwa der Stromnetzbetreiber ADMIE. Doch selbst maßgebliche Regierungsmitglieder sind gegen einen solchen Schritt. Umweltminister Panos Skourletis setzt sich vor wenigen Tagen dafür ein, dass das Elektrizitätsnetz im Staatsbesitz verbleiben müsse. Es gebe keinen Grund, es an Privat zu übertragen. Mindestens 51 Prozent müsse die öffentliche Hand am Unternehmen weiterhin halten.
Elisa Hübel

Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt an vorderster Front der streikenden Gewerkschafter den Vorsitzenden der „Volkseinheit“, Panajotis Lafazanis. Er war im ersten Kabinett unter Alexis Tsipras Minister für Produktiven Wiederaufbau, Umwelt und Energie. Aus Protest gegen das mit den Geldgebern im Juli geschnürte Spar- und Reformpaket verließ Lafazanis gemeinsam mit weiteren Genossen des linken Parteiflügels SYRIZA und gründete seine „Volkseinheit“ (Laiki Enotita). Bei den Wahlen im September verfehlte diese mit 2,86 % der Stimmen knapp den Einzug ins Parlament. Unsere Aufnahme entstand heute Mittag vor der Volksvertretung in Athen am Syntagmaplatz.

Nach oben

 Warenkorb