Pünktlich um zwölf Uhr Ortszeit landete am Donnerstagmittag der aus Berlin kommende Flieger mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier an Bord auf dem Athener Flughafen Eleftherios Venizelos. Der SPD-Politiker war für einen eintägigen Besuch in die griechische Hauptstadt gereist – geplant waren ursprünglich eigentlich zwei Tage Aufenthalt, doch die aktuellen Entwicklungen hatten ihre eigene Dynamik.
Auf dem Programm des Bundesministers stand zunächst ein halbstündiges Treffen mit dem Präsidenten der Hellenischen Republik Prokopis Pavlopoulos. Anschließend ging die Besuchstour weiter in die Villa Maximos, den Amtssitz des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Dieser empfing ihn unter reichlich Blitzlichtgewitter der mitgereisten Fotografen in seinem Büro. Mit dabei war auch Steinmeiers griechischer Amtskollege Nikos Kotzias.
Am runden Tisch kannte die Sitzung dann vor allem ein Thema: Das Problem der Migranten und Flüchtlinge im Mittelmeer. Noch in der Nacht zuvor war am Mittwoch ein Holzboot kurz vor der Insel Lesbos gekentert bei dem mindestens acht Menschen ihr Leben ließen und 242 Personen von der griechischen Küstenwache sowie von Fischern gerettet werden konnten. Steinmeier reagierte auf das Unglück mit einem Dank an die Küstenwache, Kotzias ergänzte: „Ich bin stolz auf das griechische Volk, das sich mitten in der Krise befindet und sich dennoch nicht davor scheut Flüchtlinge aufzunehmen, ihnen etwas zu essen zu geben.“
Einig waren sich beide Außenminister, dass das Problem der Zuwanderungsströme an der Quelle bzw. am Ursprung behoben werden müsse. Gerade den jungen Menschen aus Syrien und Afghanistan solle geholfen werden, indem ihnen bereits in der eigenen Heimat eine Perspektive aufgezeigt werde. Konkrete Pläne blieben an dieser Stelle zunächst offen. Nikos Kotzias kam dennoch zu dem Schluss, dass sowohl Deutschland als auch Griechenland Länder seien, die ernsthaft nach Lösungen für die Probleme suchen würden.
Unterschiedliche Ansichten gab es dagegen weiterhin zum Thema Grenzpatrouillen. So lehnte Kotzias gemeinsame griechisch-türkische Patrouillen erneut entschieden ab. Stattdessen, so seine Meinung, seien die so genannten „Hot Spots“ auch in der Türkei notwendig, um mehr Menschenleben zu retten. Steinmeier bezeichnete unterdessen die Türkei als „Schlüsselland“ für Europa. „Wir sollten realistisch bleiben, wir brauchen Vereinbarungen mit der Türkei“, sagte er.
Im Hinblick auf die deutsch-griechischen Beziehungen bezeichnete Steinmeier den Aufbau eines bilateralen Jugendwerks als ein Ziel, welches die jungen Generationen beider Länder verbinden werde. Außerdem sei der Abbau von gegenseitigen Vorurteilen eine der wichtigsten Unternehmungen. Steinmeier stellte wörtlich fest: „Wir werden nicht vorwärtskommen, wenn wir an gegenseitigen Schuldzuweisungen festhalten.“
Am Abend erhielt der Deutsche, der wie sein Amtskollege Kotzias im hessischen Gießen studiert hat, die Ehrendoktorwürde der politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Piräus. Anschließend ging es für Steinmeier auf direktem Wege Richtung Wien, um an der einberufenen Syrien-Konferenz teilzunehmen. Die Abreise kam somit früher als geplant: Absagen musste er aufgrund der Konferenz die bereits geplante Reise auf die griechische Insel Lesbos.
Text und Foto: Marie Bockholt
Unser Foto zeigt Ministerpräsident Tsipras, Steinmeier und Kotzias (v.l.n.r.)