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Linke Regierungspartei verschiebt „Katharsis“ auf September Tagesthema

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Linke Regierungspartei verschiebt „Katharsis“ auf September

Ein außerordentlicher Parteitag des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) im September soll Klarheit über den künftigen Kurs bringen. Damit setzte sich Partei- und Regierungschef Alexis Tsipras durch, verschaffte sich eine Atempause und zwang den linken Flügel („Linke Plattform“), eine Palastrevolution vorerst abzublasen.

In einer Marathonsitzung des 200-köpfigen Zentralkomitees (ZK) von fast 13 Stunden prallten von Donnerstag auf Freitag die unterschiedlichen Ansichten innerhalb von SYRIZA aufeinander: Tsipras, vor einem Monat „in der Realität angekommen“, macht sich für einen neuen Deal mit den Institutionen (EU, Internationaler Währungsfonds und Europäische Zentralbank) stark. Grundlage dafür ist ein Abkommen vom 13. Juli. Bis Mitte August soll nun ein detailliertes Spar- und Reformprogramm erarbeitet werden; im Gegenzug erhält Griechenland in einem Zeitraum von drei Jahren Kredite in Höhe von etwa 86 Mrd. Euro. Die „Linke Plattform“ sieht in diesem Kompromiss einen Verrat und ihr Hauptvertreter, der kürzlich gefeuerte Ex-Minister Panagiotis Lafazanis, sprach im ZK davon, dass „die Staatsform des Landes zu einer Art‚ Diktatur des Euro′“ geworden sei. In dieser Debatte gehe es nicht so sehr um die Einheit von SYRIZA, so Lafazanis, sondern um „seine Auflösung, seine Herabwürdigung und seine Verächtlichmachung“. Das würde geschehen, wenn das Land ein drittes Reform- und Sparpaket (Memorandum) akzeptiere und den Internationalen Währungsfonds bis 2018 im Land haben werde.  
Dass die Auseinandersetzungen im SYRIZA auf Biegen und Brechen geführt wird,  demonstriert auch ein Zitat von Sofia Papadogianni, die dem linken Flügel zugeordnet wird und dem Politischen Sekretariat angehört: „Seit Jahren predigen wir, dass die Memorandums-Politiken (mit „Memorandum“ sind Spar- und Reformpakete gemeint; Anm. d. Red.) nicht mit der Demokratie vereinbar sind. Das müssen wir jetzt auch in unserer Partei erleben. Es gibt kein Parteigremium, das die Entscheidungen der Regierung, welche sie einseitig aufoktroyiert hat, legalisiert“ hätte. Sie sprach sich darüber hinaus gegen einen außerordentlichen Parteitag aus, dem „die Erpressung der Geldgeber“ diktiert würde.
Tsipras, der zusammen mit den rechtspopulistischen „Unabhängigen Griechen“ (ANEL) regiert, hat durch die „Abweichler“ aus seinen Reihen die Mehrheit im Parlament praktisch verloren und konnte zwei Reform- und Sparpakete nur mit den Stimmen der europafreundlichen Oppositionsparteien durchboxen.
Bei der gestrigen ZK-Sitzung versuchte Tsipras klare Linien zu ziehen: „So wie im Leben kann man auch in der Politik nicht alles haben“, sagte der Premier. Und er fügte hinzu: „Die erste linke Regierung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg wird entweder von linken Abgeordneten unterstützt oder durch linke Abgeordnete gestürzt, weil deren Meinung nach diese Regierung keine linke Regierung mehr ist.“ Er räumte ein, dass es innerhalb von SYRIZA schon länger Risse bzw. unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Strategie gegenüber den Partnern gab und gibt.
Am Ende seiner Rede vor dem ZK stellte der SYRIZA-Chef seine Zuhörer vor ein Dilemma: „Die Frage ist, ob wir das Recht haben, aus den Schwierigkeiten zu flüchten. (…) Wir haben aber kein Recht, das Volk ungeschützt seinem Schicksal zu überlassen. Wir sind dazu gezwungen die Last der Vereinbarung zu übernehmen, um das Land zu befreien.“
Wie Tsipras bei der gestrigen Sitzung betonte, könne es so wie bisher nicht weitergehen. Welche Mehrheitsentscheidungen auch immer beim Parteitag im September gefällt würden, sie müssten respektiert werden. Der Kampf innerhalb von SYRIZA zwischen „real-links“ und links geht weiter. Wer die Oberhand behält, wird man in zwei Monaten wissen und auch, ob diese Partei eine Spaltung abwenden kann. Ein ZK-Mitglied hatte gestern bereits prophezeit: „Wir erleben das Ende von SYRIZA.“ (Griechenland Zeitung/rs)

Das Foto von Eurokinissi zeigt den ehemaligen Minister von SYRIZA, Panagiotis Lafazanis. Er plädiert dezidiert für eine Rückkehr zu einer nationalen Währung und lehnt weitere Spar- und Reformpakete, die mit den Institutionen ausgehandelt werden sollen, ab.

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