Der griechischen Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras stehen aus politischer Sicht gesehen heiße Sommertage bevor. Am Mittwoch muss der zweite Teil der mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Spar- und Reformmaßnahmen durch das Parlament bugsiert werden. Dabei geht es um Neuregelungen für die Versteigerung von Immobilien überschuldeter Kreditnehmer sowie um Richtlinien für die Sicherheit von Bankeinlagen.
Dadurch würde auch der Option für einen „Haircut“ von privaten Spareinlagen, wie er etwa auf Zypern erfolgte, der Weg geöffnet. Eine ebenfalls äußerst unpopuläre Regelung für Veränderungen im System der Frühpensionierungen, die schrittweise Anhebung des Rentenalters sowie die Besteuerung der Landwirte steht bei einer weiteren Abstimmung Anfang August auf dem Programm.
Im Vergleich zu dem im September vorigen Jahres vom Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) vorgestellten „Programm von Thessaloniki“ – das im Grunde genommen das Regierungsprogramm sein sollte – heben sich die nun zu verabschiedenden Maßnahmen ab wie der Tag von der Nacht. Dass das zu Verwerfungen bei SYRIZA führt, scheint unausweichlich. Schon bei der ersten Abstimmung am vorigen Mittwoch verweigerten 39 Abgeordnete des linken Parteiflügels von SYRIZA Tsipras die Gefolgschaft; genau genommen stimmten nur noch 123 der 162 Volksvertreter aus dem Regierungslager für die Maßnahmen. Es besteht eine nicht unbegründete Sorge, dass es bei der Abstimmung am Mittwoch dieser Woche oder bei jener, die für Anfang August geplant ist, noch mehr abtrünnige Genossen geben könnte.
Vier Milliarden durch neue Steuern
Allein durch das Steuergesetz, das in der vorigen Woche verabschiedet wurde, sollen Mehreinnahmen von rund 4 Mrd. Euro erwirtschaftet werden. Es betrifft nahezu alle Bereiche. Schmerzhaft wird es auch für untere und mittlere Einkommensschichten durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die am Montag dieser Woche in Kraft trat. Dadurch sollen bis 2018 Mehreinnahmen von 2,39 Mrd. Euro erwirtschaftet werden. Das Gesetz schränkt die Anzahl der Produkte und Dienstleistungen wesentlich ein, die bisher unter den niedrigeren Mehrwertsteuersatz von 13 % fielen. Der Geltungsbereich des Satzes von 23 % wird dagegen wesentlich ausgeweitet, beispielsweise auf Kaffee, Tee, Ölprodukte, Cafés, Restaurants sowie etwa auch auf die Einfuhr von Kunstgegenständen. Mit 23 % werden künftig auch die in Griechenland höchst populären privaten Abendschulen („Frontistiria“) zur Kasse gebeten, die bislang von der Umsatzsteuer befreit waren. Hotels und Campingplätze werden vom Niedrigsatz von 6,5 % auf 13 % angehoben. Der niedrigste Steuersatz wurde von 6,5 % wurde hingegen auf 6 % gesenkt, er gilt weiterhin für Medikamente, manche Bücher und Theatertickets.
Besonders kontrovers ist die Abschaffung des 30-Prozent-Rabatts bei der Mehrwertsteuer, der für die Inseln galt. Er soll schrittweise umgesetzt werden, zunächst auf den noch nicht näher erläuterten „touristisch entwickelten“ Inseln ab dem 1. Oktober und dann ab dem 1. Juni 2016 auf den „weniger entwickelten Inseln“. Auf den „entferntesten Inseln“ soll der Rabatt weiter bestehen.
Die Gewerbesteuer wird kräftig nach oben geschraubt – von 26 % auf 29 %. Die erhofften Mehreinnahmen belaufen sich auf 410 Mio. Euro. Firmen müssen fortan 100 % der Steuer des kommenden Jahres – bisher 80 % – im Voraus zahlen. (Griechenland Zeitung / dc, jh)
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