Ministerpräsident Alexis Tsipras hat sich am Mittwochabend angesichts des bevorstehenden Referendums am kommenden Sonntag (5. Juli) erneut an das Volk gewandt. Dabei betonte er, dass es der Vorsatz seiner Regierung sei, eine Vereinbarung mit den internationalen Geldgebern (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) zu erzielen. Voraussetzung dafür sei aber, dass es sich dabei um eine tragfähige Lösung handle.
Nach Ansicht des Premiers gehe es bei dem Plebiszit auch nicht um den Verbleib oder nicht in der Eurozone. Den Partnern warf er im gleichen Atemzug vor, dass sie an den Liquiditätsproblemen des Landes und der damit einhergehenden Schließung der Banken Schuld tragen. Von einem demokratischen Europa hätte er sich nicht erwartet, dass man die griechischen Bürger angesichts des Referendums unter Druck setzen würde.
Oppositionschef Antonis Samaras warf dem Ministerpräsidenten vor, dass er in Panik sei und es ihm an Entschlusskraft mangele. Die Bürger rief der Chef der konservativen Nea Dimokratia dazu auf, am Sonntag „Ja“ zu votieren. Dafür plädieren auch die liberale Partei „To Potami“ und die sozialistische PASOK.
In zahlreichen Verbänden kommt es unterdessen zu Abstimmungen, ob man zu einem „Ja“ oder einem „Nein“ aufrufen soll: Zu den letzteren gehört z. B. der Architektenverband; auf die Seite des „Ja“ schlugen sich zahlreiche der Industrieverband sowie mehrere Kammern, aber auch der Gewerkschaftsbund GSEE.
Nach Kundgebungen, die die Nea Dimokratia für heute angekündigt hat will Premier morgen Freitag auf dem Syntagma-Platz für das „Nein“ werben.
Die sich andeutende Polarisierung hinsichtlich des Referendums greift offenbar auch auf die Parteien über. Ein Abgeordneter der „Unabhängigen Griechen“ (ANEL) wurde heute aus der Fraktion ausgeschlossen, weil er sich für das „Ja“ ausgesprochen hatte. „Wir befinden uns im Krieg. Wer ihn nicht erträgt, muss gehen“, hatte wenige Stunden zuvor ANEL-Chef Panos Kammenos (s. Foto) festgestellt. ANEL ist der Juniorpartner in der Regierung, die Tsipras vom Radikalen Linksbündnis SYRIZA anführt. (Griechenland Zeitung/eh)