Das Korsett, in dem sich Griechenland derzeit befindet, wird immer enger. Es bleibt kaum noch Luft zum Atmen. Während des G7-Gipfels in Deutschland mahnten US-Präsident Barack Obama und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eindringlich Reformen an.
In Athen, darin waren sich die beiden Politiker einig, müssten „schwierige politische Entscheidungen“ getroffen werden. Merkel verwies außerdem darauf, dass die Zeit dränge. Man müsse noch viele Hürden überwinden. Nachdem die griechische Seite gegen Ende der vorigen Woche ihre Verhandlungsposition etwas verhärtet hatte, wird in diesen Tagen vorsichtig wieder etwas mehr Flexibilität signalisiert. Am Montag reiste Finanzminister Janis Varoufakis nach Berlin, wo er sich mit seinem Amtskollegen Wolfgang Schäuble traf. Im Anschluss sprach der Gast aus Griechenland von einer „produktiven Begegnung“, man habe äußerst freundlich miteinander gesprochen. In der Sache dürfte man sich allerdings nicht viel näher gekommen sein.
„Grexit wäre Anfang vom Ende Europas“
Athen will vor allem weitere Kürzungen bei Renten und Zulagen vermeiden. Das erklärte Ministerpräsident Alexis Tsipras am Dienstag in der italienischen Zeitung Corriere della Sera. Er fordert außerdem einen politischen Kurswechsel der gesamten EU. Mit Hilfe „technischer Lösungen“ müsse ein drittes Memorandum vermieden werden, sagte er. Griechenland müsse „auf Basis eines tragfähigen Programms“ in die Lage versetzt werden, seine Schulden zurückzuzahlen und an die internationalen Finanzmärkte zurückzukehren. Ein möglicher „Grexit“, so Tsipras, wäre hingegen der „Anfang vom Ende Europas“.
Um die unterschiedliche Herangehensweise auf beiden Seiten zu überbrücken, ist seit einigen Tagen eine Art Überbrückungsprogramm in Höhe von 19 Mrd. Euro im Gespräch, das bis März kommenden Jahres laufen könnte. Das vermeldete das Wall Street Journal unter Berufung auf unterschiedliche Quellen. Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis wies das allerdings mit den Worten zurück, dass eine Verlängerung des laufenden Programms keine Lösung für die Finanzierungslücke Griechenlands sei.
Hoffnung auf neuen Dreier-Gipfel
Für den morgigen Mittwoch ist ein weiterer Dreier-Gipfel zwischen Tsipras, Merkel und dem französischen Präsidenten Francois Hollande in Brüssel geplant. Viele hoffen, dass dabei endlich ein Durchbruch erzielt werden könnte. Bereits am Montag waren enge Vertraute von Tsipras – Staatsminister Nikos Pappas und Verhandlungsführer Evklidis Tsakalotos – nach Brüssel gereist, um den Boden für das Treffen vorzubereiten. Unterdessen wird die Finanzlage in Griechenland immer prekärer. Nicht nur, dass der Staat gegenüber Privatunternehmen – zum Beispiel Lieferanten, etwa im Bereich des Gesundheitswesens – rund 5 Milliarden Euro schuldet. Allein im Mai sollen die staatlichen Einnahmen um 650 Mio. Euro den Zielvorgaben hinterher hinken. Das könnte dazu führen, dass in diesem Jahr wieder ein Haushaltsdefizit erwirtschaft werden könnte, falls nicht entschieden gegengesteuert wird. Gleichzeitig heben immer mehr Griechen ihre Ersparnisse ab. Allein am vorigen Freitag – angesichts der Verhärtung der Verhandlungsposition gegenüber den Geldgebern – wurden Einlagen in Höhe von 500 Mio. Euro abgezogen. (Griechenland Zeitung / jh)
Die Karikatur zu diesem Beitrag wurde uns freundlicherweise von Kostas Mitropoulos zur Verfügung gestellt, einer der bekanntesten Karikaturisten Griechenlands. Mitropoulos wurde 1925 in Athen geboren und arbeitet seit Jahrzehnten für die in Athen erscheinende Tageszeitung „Ta Nea“ sowie für „To Vima“. Er wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, u.a. von der Athener Akademie und vom griechischen Staatspräsidenten. Weitere Preise erhielt er bei internationalen Karikaturausstellungen. Er illustrierte auch das 2009 in unserem Verlag erschienene Buch „Ärmellos in Griechenland“ (gemeinsam mit Romiosini).