Die Griechenland-Krise schwelt – und die internationale Politik berät noch immer, wie ein Feuerwehreinsatz aussehen muss. Am Montag trafen sich wieder einmal die
großen Spielmacher in Berlin.
Neben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Francois Hollande und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker waren – unerwartet – auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Christine Lagarde sowie EZB-Präsident Mario Draghi dazu gestoßen. Man arbeite mit großer Intensität an einer Lösung, hieß es im Anschluss. Bis zu einer solchen Lösung ist es ein schmerzlicher Prozess. Auch in Athen zerbricht man sich auf Hochtouren den Kopf. Am Pfingstwochenende hatte sich Ministerpräsident Alexis Tsipras mehrfach intensiv mit seinem Verhandlungsstab beraten. Wie diffizil eine Kompromissfindung ist, dafür spricht ein Meinungsbeitrag von Tsipras für die französische Zeitung „Le Monde“. Der Linkspolitiker hatte darin dem „Neoliberalismus“ die Schuld an der schwierigen Lage zugewiesen. An Griechenland wolle man seiner Ansicht nach eine Art ein Exempel statuieren. Athen habe sehr viele Reformvorschläge unterbreitet, dennoch habe man sich bisher nicht einigen können. Schuld daran sei die „Besessenheit“ der Vertreter des Neoliberalismus. Sie wollten dem Land unzumutbare Lösungen aufzwingen, die im Gegensatz zu den jüngsten Wahlergebnissen in Griechenland stünden.
Man mag diese Argumentation des Regierungschefs nachvollziehen können oder nicht, viele seiner Äußerungen sind natürlich auch für die Genossen in den eigenen Reihen gedacht. In seinem „Bündnis der Revolutionären Linken“ (SYRIZA) sieht sich Tsipras mit einem wachsenden radikal-linken Flügel konfrontiert, der in den lokalen Parteiorganisationen wohl schon die Mehrheit haben dürfte. Dort herrscht vielfach die Meinung vor, dass ein Austritt aus dem Euro sicher das kleinere Übel wäre. Es ist nicht nur die Frage, welche Art von Kompromiss mit den internationalen Gläubigern ausgehandelt werden kann. Das eigentliche Problem liegt darin, das Verhandlungsergebnis durch das Parlament in Athen zu bringen. Selbst das Szenarium, dass es zu vorverlegten Parlamentswahlen kommen könnte, ist noch nicht ganz vom Tisch. Die zu erwartenden Stimmverluste aus den eigenen Reihen werden damit korrespondieren, wie weit die „Roten Linien“ der Partei überschritten werden.
Gespanntes Warten auf „Grünes Licht“
In Brüssel halten unterdessen die Kontakte der Sachverständigen auf technischer Ebene weiter an, allerdings scheint man auf Grünes Licht seitens der Politik zu warten. Eine gewisse Einigung scheint man in der Frage der Frühpensionierungen gefunden zu haben – unterschiedliche Ansichten herrschen offenbar noch immer bei den Forderungen der Geldgeber bezüglich der Veränderungen des Arbeitsmarktes, wo u. a. die Möglichkeit für Massenentlassungen geschaffen werden soll. Um die Einnahmen der griechischen Seite zu erhöhen, sind zahlreiche Maßnahmen im Gespräch, darunter die Veränderungen beim System der Mehrwertsteuer. Allein dadurch sollen pro Jahr 1,8 Mrd. Euro erwirtschaftet werden. Zudem soll die Sondersteuer für Personen, deren Einnahmen über 30.000 Euro liegen um 30 Prozent angehoben und die Steuern für Luxusfahrzeuge und Jachten sollen nach oben geschraubt werden. Eine weitere Maßnahme ist die Besteuerung von Einnahmen aus Fernseh- und Internetwerbung sowie die Bekämpfung des Schwarzhandels mit Treibstoff und Zigaretten. (Griechenland Zeitung / jh)
Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt Ministerpräsident Alexis Tsipras, der heute dem Bildungsministerium in Athen einen Besuch abstattete.