Das Thema der Entschädigungen für Verbrechen und Schäden, die von den deutschen Besatzern in Griechenland während des II. Weltkrieges begangen wurden, rückt wieder auf die Tagesordnung. Am Dienstag beschloss das griechische Parlament, ein Komitee für Kriegsentschädigungen durch Deutschland neu zu beleben und dieses mit noch größeren Kompetenzen auszustatten. Einen entsprechenden Vorschlag hatte Parlamentspräsidentin Zoi Konstantopoulou eingebracht.
Ministerpräsident Alexis Tsipras stellte vor den Volksvertretern fest, dass Griechenland seinen Verpflichtungen nachkommen müsse. Gleichzeitig werde man aber auch hart daran arbeiten, dass alle nicht eingelösten Verpflichtungen gegenüber seinem Land realisiert würden. Die Ethik, so sagte er, könne man nicht à la carte haben bzw. sie den jeweiligen Umständen anpassen. Angesichts der moralischen Töne, die in den letzten Jahren in Europa in der öffentlichen Diskussion angeschlagen würden, könne man nicht wie ein Schüler gegenüber der moralisierenden Lehrerin Kopf und Augen senken. Andererseits beanspruche man selbst auch nicht die Rolle des moralisierenden Lehrers mit dem erhobenen Zeigefinger, so der griechische Premier.
Betroffen von den Plänen der Links-Rechts-Regierung in Athen, Reparationen zu erhalten und die Rückzahlung einer „Besatzungsanleihe“, die Hitlerdeutschland im II. Weltkrieg Griechenland abpresste, durchzusetzen, könnten Liegenschaften der Bundesrepublik Deutschland auf griechischem Boden sein. Zu nennen wären etwa die beiden Goethe-Institute und die beiden Deutschen Schulen mit ihren jeweiligen Standorten in Athen und Thessaloniki sowie das Deutsche Archäologische Institut in der griechischen Hauptstadt.
Am Dienstagabend kündigte Justizminister Nikos Paraskevopoulos im Parlament an, dass er der Vollstreckung einer Entscheidung des griechischen Höchstgerichtes (Areopag) aus dem Jahre 2000 unter bestimmten Voraussetzungen stattgeben werde. In diesem Urteil letzter Instanz war die Möglichkeit einer Zwangsenteignung von deutschen Liegenschaften in Griechenland stattgegeben worden. Einzutreiben wäre demnach eine Summe von rund 28 Millionen Euro. Dieses Geld war bereits im Jahre 1997 den Hinterbliebenen der Opfer des Massakers von Distomo, das 1944 von der SS verübt wurde, zugesprochen worden. Gefällt hatte dieses Urteil das Landgericht Livadia in Mittelgriechenland.
Ein Einspruch der deutschen Seite wurde im Jahre 2000 vom Areopag in Athen abschlägig beschieden; das Urteil von Distomo wurde in letzter Instanz als rechtskräftig eingestuft. Daraufhin hatten sich Gerichtsvollzieher unter Polizeischutz bereits Zugang zum Athener Goethe-Institut verschafft, um die zur Versteigerung bestimmte Immobilie zu begutachten.
Gestoppt werden konnte ein solcher Schritt buchstäblich in letzter Minute, weil der damalige griechische Justizminister Michalis Statholopoulos seine Zustimmung verweigerte. Begründet worden war dies damit, dass man den bilateralen Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland keinen nachhaltigen Schaden zufügen dürfe. (Griechenland Zeitung / jh, Foto: Eurokinissi)