Das Programm der Europäischen Partner, das den Finanzbedarf Griechenlands sichert, wird um weitere vier Monate verlängert. Athen hatte ursprünglich sechs Monate beantragt.
Auf diesen Kompromiss einigten sich nach "komplizierten und strapaziösen" Gesprächen die Minister der Eurogruppe am Freitagabend in Brüssel. Griechenland garantierte im Gegenzug, keine einseitigen Maßnahmen mit negativen Auswirkungen auf das laufende Rettungsprogramm zu ergreifen, seine Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern einzuhalten und einen Haushalt mit Primärüberschuss zu realisieren. Außerdem gab es sein Zustimmung zur Forderung der Partner, am Montag eine Liste mit Reformen vorzulegen, die in der Folge von den Institutionen – der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) – geprüft werden wird. Ein möglicher Misserfolg bei dem Treffen der Eurogruppe am Freitag (20.2.) barg die Gefahr in sich, dass Athen über kurz oder lang in die Gefahr gerät, zahlungsunfähig zu werden.
In ersten Äußerungen nach dem Gipfel sprach der griechische Finanzminister Janis Varoufakis (s. Foto) davon, dass Griechenland aufrecht geblieben sei. "Wir haben den Respekt gegenüber den EU-Regeln mit dem Respekt gegenüber demokratischen Entscheidugen verbunden", so der Minister.
In Experten-Kommentaren wird die Ansicht vertreten, dass Athen sich dem Druck gebeugt hat, das alte und verhasste Spar- und Reformprogramm (Memorandum) anzuerkennen; gleichzeitig hat es jedoch seinen Spielraum leicht vergrößert: Es kann mit zielgerichteten Reformen (z. B. Bekämpfung der Steuerhinterziehung) mehr Flexibiliät für soziale Maßnahmen schaffen, ohne die mit den Gläubigern vereinbarten Richtlinien zu verletzen. Als Erfolg, der jedoch schon von seinem Vorgänger Ghikas Chardouvelis angepeilt wurde, kann für Varoufakis auch gelten, dass der Haushaltsüberschuss (vor Zinsen) 2015 nicht wie vorgesehen bei 3 %, sondern niedriger liegen kann.
Da das Übereinkommen von Brüssel in wesentlichen Punkten vom Wahlprogramm der Regierungspartei des Radikalen Linksbündnisses SYRIZA abweicht, wird der griechische Premier Alexis Tsipras in den nächsten Tagen und Wochen einige Überzeugungsarbeit vor allem gegenüber seinen eigenen Genossen leisten müssen, um ihnen den Kompromiss von Brüssel als für das Land notwendig zu präsentieren.
Ein Indiz für die Stimmungslage innerhalb der Regierungspartei SYRIZA lieferte am Sonntag ihr Europaparlamentarier Manolis Glezos. Der 92-jährige ehemalige Widerstandskämpfer entschuldigte sich in einem Beitrag für die Internetseite "Bewegung Aktive Bürger" (KEP) beim griechischen Volk dafür, dass er dabei mitgewirkt habe, eine Illusion zu erzeugen. "Die Umbenennung der ‚Troika‘ in ‚Institutionen‘, des ‚Memorandums‘ in ‚Abkommen‘ und der ‚Kreditgeber‘ in ‚Partner‘ ist dasselbe, als würde man das Fleisch in Fisch umtaufen", heißt es. Damit würde man die bisherige Lage nicht ändern, so Glezos. Schließlich fordert er die SYRIZA-Mitglieder auf, in außerordentlichen Sitzungen darüber zu entscheiden, ob sie mit der Vorgangsweise der Regierung bzw. dem Abkommen mit Brüssel einverstanden sind. Kreise des Premierministers ließen nur verlauten, dass der Europaabgeordnete offensichtlich nicht gut informiert sei. Die KEP wurde 2002 von Glezos als politische Gruppe ins Leben gerufen.
Ein humoristischer Kommentar eines Griechen zum EU-Gipfel aus den Social Media zum Schluss: "Wir forderten Geld ohne Memorandum, jetzt haben wir ein Memorandum ohne Geld." (Griechenland Zeitung/rs; Foto: eurokinissi)