Die neue Regierung in Athen dreht sich in diesen Tagen in einem turbulenten Karussell. Nachdem Ministerpräsident Alexis Tsipras am Mittwoch zahlreiche Antrittsbesuche in Europa absolvieren musste, nahm er in der Nacht noch ein dringendes Telefonat entgegen.
An der anderen Leitung war der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi. Er erklärte dem neuen griechischen Regierungschef, dass griechische Staatsanleihen ab dem 11. Februar nicht mehr als Sicherheit von der EZB akzeptiert werden könnten. Grund zur Panik besteht aber noch nicht: die griechischen Banken können sich noch durch sogenannte Notfallkredite Geld leihen – dies allerdings zu höheren Zinsen als bei der EZB. Damit erhöht sich der Druck auf Griechenland, schneller und effizienter mit den internationalen Geldgebern zu verhandeln.
Erklärtes Ziel der Regierung-Tsipras ist es, das bestehende Spar- und Reformprogramm aufzulösen und auf einer anderen Basis neu zu verhandeln. Die Inspektoren der Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds bräuchten aus beruflichen Gründen nicht mehr nach Athen zu kommen, so die Argumentation an der Ägäis. Dort will man mit den eingesparten Geldern z. B. entlassene Staatsdiener wieder einstellen sowie Renten und Gehälter erhöhen.
Die nächtliche Mitteilung des EZB-Chefs Draghi schlug in der griechischen Hauptstadt wie ein Blitz ein. Zu interpretieren ist sie vor allem als ein Warnsignal: Griechenland könne nicht machen, was es wolle, so die Botschaft. Damit wird der griechische Finanzminister Janis Varoufakis am heutigen Donnerstag auch bei seinem deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble in Berlin konfrontiert werden. Während des Gespräches möchte der Gast aus Athen gern das Thema einer Zwischenfinanzierung für das krisengeplagte Griechenland zur Sprache bringen sowie die Ablösung der Troika. Varoufakis argumentiert damit, dass die bisher durchgesetzten Reformen ineffizient und ungerecht seien. Was Berlin betrifft, so möchte man dort gern den bisherigen harten Sparkurs, der Griechenland verordnet wurde, beibehalten. Manch einer mag sich fragen, wer heute in Berlin das größere Durchsetzungsvermögen haben wird: der erfahrene Politiker Schäuble oder der politische Neuling Varoufakis, der allerdings ein ausgewiesener Wirtschaftsexperte ist.
Unsere Aufnahme (© Eurokinissi) zeigt Varoufakis (r.) am Freitag der vorigen Woche während einer Pressekonferenz mit dem Vorsitzenden der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem, wo sich bereits deutliche Meinungsverschiedenheiten abzeichneten.
Elisa Hübel