Jüngste Diskussionen und Berichte internationaler Medien über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone („Grexit“) spielen kurz vor den Wahlen, die am 25. Januar stattfinden, eine dominierende Rolle. Die Töne werden deutlich schärfer. Zudem reagierte die Athener Börse verstört.
Der Leitindex ist am Montag um 5,63 % gesunken und schloss mit 789,20 Punkten. Auch der Wert der griechischen Staatsanleihen rutschte in den Keller.
Vor der Gefahr eines Grexit warnt immer wieder auch Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras von der konservativen Nea Dimokratia (ND). Er hält ein solches Szenarium für möglich, falls die grösste Oppositionspartei des Landes, das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) die Wahlen gewinnen sollte. Dort freilich versucht man abzuwiegeln. Der dem linken Parteiflügel zugehörige Vizepräsident des Europäischen Parlaments Dimitris Papadimoulis dementierte ein solches Szenarium. Ganz im Gegenteil: Wenn Syriza die Wahlen gewinnen sollte, sei es das Ziel, Griechenland zu einem „normalen und gleichberechtigten Mitglied der Europäischen Union und der Eurozone“ werden zu lassen. Ziel seien tragfähige Schulden, wirtschaftliche Entwicklungt und geordnete öffentliche Finanzen. Anderslautende Berichte, so der Linke, seien „einseitig“. Ausserdem sei Syriza „keine antieuropäische Partei“. Gleichzeitig verfasste die Parteizentrale ein non paper, in dem Erklärungen von Politikern und Sachverständigen aus dem Ausland aufgelistet sind, die die Auffassung vertreten, dass ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone unwahrscheinlich sei.
Auch der Syriza-Vorsitzende Alexis Tsipras bedient eifrig dieses Thema. Sowohl dem Regierungschef als auch dem Establishment warf er „Rücksichtslosigkeit“ vor. Bewusst werde die Angst vor einem Verlassen der Eurozone geschürt, bewusst werde ein Staatsbankrott herbeigeredet, um die Wähler zu beeindrucken. Richtig sei, dass man nach einer Regierungsübernahme vieles verändern werde. Tsipras will Entlassungen im öffentlichen Sektor rückgängig machen und den Mindestlohn auf das Vorkrisenniveau von 751 Euro anheben. Nicht besteuern will er Einkommen die unter einer Grenze von 12.000 Euro liegen, 300.000 armen Familien verspricht er eine kostenlose Versorgung mit Elektroenergie. Nach seinem Wahlsieg, so fasste er zusammen, müssten die Reichen erklären, woher sie ihren Reichtum haben.
Der erst am Montag vereidigte neue Regierungssprecher Stefanos Anagnostou stellte klar, dass man auf jeden Fall in der Eurozone bleiben müsse. Dies sei nur dann gewährleistet, wenn sich Athen an die mit den internationalen Geldgebern geschlossenen Vereinbarungen halte. Ministerpräsident Samaras stellte fest, dass nicht etwa seine Partei Panik verbreite, wie es die Opposition behaupte. In Wahrheit sei es die linke Opposition, die mit ihren Programmen im In- und Ausland Panik schüre.
Eins ist sicher: Wenn auch Syriza in Umfragen weiterhin vor der konservativen ND liegt: An der Gemeinschaftswährung möchte das Gros der Griechen unbedingt festhalten. Eine Rückkehr zur Drachme wäre für die meisten Wähler inakzeptabel. Das Thema dürfte den Wahlkampf in den kommenden Tagen weiterhin dominieren.
Text: Elisa Hübel, Foto: Eurokinissi. Dieses Aufnahme zeigt Tsipras (4.v.l.) bei der kirchlichen Wasserweihe in Piräus anlässlich des Theophaniefestes, das heute gefeiert wird.)